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Arbeitsgemeinschaft 1:

Standesamt, Landratsamt oder Notar - Die unterschiedliche Verwaltungspraxis der Länder

Referenten:

Moderation:


Klaus Ulrich Reckling (BDS):

Eingetragene Lebenspartnerschaft als gesellschaftliche Normalität

Als Vertreter des Bundesverbandes der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten darf ich Ihnen zu einem erfolgreichen Abschluss der ersten zehn Jahre Ihres Kampfes für die Anerkennung von lesbischen und schwulen Zielen in unserer Gesellschaft beglückwünschen.
Zehn Jahre Interessenvertretung zu den von auf Ihren Fahnen stehenden Zielen haben tatsächlich erreicht, dass in unserer Gesellschaft nicht mehr nur negativ über das Leben von Lesben und Schwulen gesprochen wird. Staat und Öffentlichkeit haben sich Ihrer Sache angenommen.

Ein erster Schritt ist das Lebenspartnerschaftsgesetz zur Registrierung von gleichgeschlechtlichen Partnern. Wenn ich jetzt in meinen Ausführungen von Partner rede, dann ist damit selbstverständlich auch die weibliche Form Partnerinnen eingeschlossen.

Der ursprüngliche Gesetzesentwurf zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften wurde vor der 2. und 3. Lesung im Bundestag aufgesplittet in das Lebenspartnerschaftsgesetz und in das Lebenspartnerschafts-Ergänzungsgesetz. Bedeutende Teile der praktischen Ausgestaltung des Gesetzes wurden damit vom eigentlichen Entwurf abgespalten und sind hinter den Kulissen der Politik verschwunden.

Nur das Lebenspartnerschaftsgesetz ist am 1. 08. 2001 in Kraft getreten und das Bundesverfassungsgericht hat mit einer Entscheidung vom 17. 07. 2002 die Rechtmäßigkeit dieses Gesetzes bejaht.
Den Innenministerien der Länder blieb es überlassen, die Rahmenregelungen dieses Gesetzes in ihren Ländern umzusetzen und praktikable Bearbeitungsrichtlinien zu erstellen. Was dabei herausgekommen ist, bleibt leider weit hinter den Erwartungen zurück.

Was habe ich als Standesbeamter hier auf diesem Podium zu sagen.

Aufgabe der Standesbeamten ist die Beurkundung von allen Personenstandsfällen im Staatsgebiet. Personenstandsfälle, das sind alle Geburtsfälle, Sterbefälle und Eheschließungen, also alles, was mit dem Personenstand und der Familie zu tun hat.

Demnach ist die Registrierung von Lebenspartnerschaften eine Aufgabe, die eigentlich den Standesbeamten zu kommt. Nur der Teufel steckt auch hier im Detail: das vorliegende Lebenspartnerschaftsgesetz definiert für die Partner in einer registrierten gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft keinen Familienstand.
Weshalb dann die Registrierung im Standesamt?

Die Mehrheit der Standesbeamten hat sich in rechtlicher Würdigung der eingetragenen Lebenspartnerschaft für die Lesart des Personenstandes entschieden.
Eine Verneinung eines Personenstandes für den betroffenen Personenkreis ergibt eine Diskriminierung, die ja eigentlich durch dieses Gesetz ausgeschlossen werden soll.

Die Standesbeamten hoffen auf das Ergänzungsgesetz und führen zu Begründung an:

  • Der Standesbeamte führt neben seinen bisherigen Personenstandsbüchern, - Geburtenbuch, Heiratsbuch, Sterbebuch - das Lebenspartnerschaftsbuch als weiteres Personenstandsbuch und erstellt daraus auch Urkunden.
     
  • Die örtliche Zuständigkeit des Standesbeamten ergibt sich wie auch bei der Anmeldung zur Eheschließung aus den Wohnsitzen der Beteiligten.
     
  • Das Anmeldeverfahren zur Registrierung einer Lebenspartnerschaft gleicht dem Verfahren zur Anmeldung einer Eheschließung.
     
  • Die erklärte Lebenspartnerschaft wird im Lebenspartnerschaftsbuch mit den Unterschriften der Partner, der eventuellen Zeugen und des Standesbeamten beurkundet. In der Beurkundungstechnik ist das die gleiche Vorgehensweise wie bei einer Eheschließung.
     
  • Die Regelung der Namensführung der Lebenspartner entspricht der Norm des § 1355 BGB.
     
  • Die Erledigung der verwaltungstechnischen Vorgänge und Mitteilungen nach Abschluss der Beurkundung einer Lebenspartnerschaft entsprechen den Aufgaben nach Beurkundung einer Eheschließung.
     
  • Der Standesbeamte verfügt über die Räumlichkeiten zur Durchführung der Registrierung einer Lebenspartnerschaft in einem feierlichen Rahmen.

Und nach einem Jahr Erfahrung mit dem Gesetz und den beteiligten Personenkreis im täglichen Standesamtsleben kann ich als Standesbeamter heute feststellen, dass es tatsächlich zu einem friedlichen Miteinander und Durcheinander der Paare im Standesamt gekommen ist. Anfängliche Berührungsängste sind offensichtlich auf allen Seiten überwunden.
Aus meinen persönlichen Erinnerungen kann ich berichten, dass ich am 19. 08. 1982 noch von Eheschließungswilligen beschimpft worden bin, weil ich nicht meiner Arbeit nachgehe und ihre Aufgebote bearbeite, sondern den anstürmenden Gleichge-schlechtlichen zu ihren „albernen" Ansinnen Rede und Antwort gestanden habe.

Sicherlich sind auch heute nicht alle Standesbeamte davon überzeugt, dass die Registrierung einer Lebenspartnerschaft wie eine Eheschließung herausgeputzt sein muss und verweisen auf die vergleichbaren täglichen Beurkundungen von Vaterschaftsanerkennungen, Namenserteilungen und Namenserklärungen, die alle schlicht am Schreibtisch passieren. Auch ist die Diskussion zur Übernahme der Lebenspartnerschaftsbeurkundungen in den Fachgremien und Ministerien nicht optimal gelaufen.

Sie haben aus meinen Ausführungen hoffentlich herausgehört, dass ich im Einklang mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bemüht habe, die Begriffe Registrierung einer Lebenspartnerschaft und Eheschließung strikt auseinander zu halten. Ich bin auf diese Trennung versessen, nicht weil ich absolut gesetzeshörig bin, sondern weil ich davon überzeugt bin, dass eine saubere Trennung der Begriffe Ihre begründeten Ansprüche verdeutlichen helfen und eine noch breitere Akzeptanz Ihres Anliegens in der Gesellschaft ermöglichen.

Bei Ihren weiteren Unternehmungen steht Ihnen die Fachkompetenz der Standesbeamten gern helfend und beratend zur Verfügung. Fragen Sie meinen Landesfachverband in Berlin, fragen Sie den Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, fragen Sie die von uns getragene Akademie für Personentandswesen in Bad Salzschlirf.

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Hans-Ulrich Sorge, Geschäftsführer der Landesnotarkammer Bayern:

Die Zuständigkeit der bayerischen Notarinnen und Notare sowie der Landesnotarkammer Bayern für die Begründung und Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften

Informationen:

  • www.notare.bayern.de unter Ehe und Familie/Partnerschaft (Merkblatt und Checkliste)
  • Sonderheft „Lebenspartnerschaften" hrsg. v. Landesnotarkammer Bayern

Thesen:

  1. Es wurde hinterfragt, ob der Notar eine zuständige Behörde i.S.d. § 1 LPartG sein kann. Der Notar ist Träger eines öffentlichen Amtes. Der wesentliche Unterschied zwischen Notar und Standesbeamten ist die organisatorische Eingliederung des Standesbeamten in einen Behördenapparat. Der Standesbeamte ist aber nicht in die Behördenhierarchie eingebunden. Er ist fachlich weisungsunabhängig wie ein Notar oder Richter und nur den Weisungen der Zivilgerichte im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterworfen.
     
  2. Standesbeamter und Notar haben über ihre Funktion als Urkundsperson eine weitere Gemeinsamkeit: Die Eheschließung vor dem Standesbeamten ist historisch betrachtet auch eine Folge des Bismarck´schen Kirchenkampfes. Viele mussten damals das Verbot der zivilrechtlich konstituierenden Eheschließung vor dem Pfarrer als Diskriminierung empfinden. Viele empfanden das bayerische Modell als Diskriminierung. Wie wird es ein Jahr danach empfunden?
     
  3. Die bayerischen Notarinnen und Notare verstehen sich nicht als ein Instrument einer Diskriminierung. Sie haben die neue Zuständigkeit mit hoher Motivation angenommen. Eine Aufgabe, die man gerne ausführt, gibt man nur ungern wieder auf.
     
  4. Die Wahl des Notars ist frei. Die Wahl des Standesbeamten ist eingeschränkt. Viele machen von der Wahlmöglichkeit Gebrauch. Gründe sind Empfehlungen Bekannter, der Wunsch nach einem besonderen Ort, aber auch die Diskretion einer anderen Stadt.
     
  5. Die Begründung der Lebenspartnerschaft beim Notar erfolgt unter größter Diskretion – falls das gewünscht wird. Manche suchen diese Diskretion gezielt, die Sie auf dem Standesamt nicht fänden. Nur wenige machen von der z.T. bestehenden Möglichkeit Gebrauch, außerhalb der Kanzlei, z.B. im Trausaal des Rathauses, die Lebenspartnerschaft vor dem Notar zu begründen.
     
  6. Die Feierlichkeit der Eheschließung oder Verpartnerung, die wir beim Standesbeamten selbstverständlich erwarten, hat ihren Ursprung in der kirchlichen Eheschließung und hat sich in den Trausaal hinübergerettet. Auch beim Notar kann sich eine entsprechende Tradition entwickeln.
     
  7. Der Beratungsbedarf vor der Begründung einer Lebenspartnerschaft kann hoch sein. Über Fragen des Vermögens, des Unterhalts und des Erbrechts bestehen häufig Fehlvorstellungen. Da es kein Widerrufsrecht wie beim Verbrauchervertrag gibt, ist die Information besonders wichtig.
     
  8. Gerade weil erhebliche Unterschiede zur Ehe bestehen, ist die gestaltende Rechtsberatung für Lebenspartner sehr wichtig.
     
  9. Nicht die föderale Zersplitterung von Zuständigkeiten, sondern die fehlende Koordination der Zuständigkeiten durch ein Bundesgesetz bzw. aufeinander abgestimmte Landesgesetzes gefährdet auf Dauer die Rechtssicherheit. Die Meldepflichten der zuständigen Behörden und der Familiengerichte sollten harmonisiert werden, um zum Beispiel die Gefahr der Ausstellung falscher Erbscheine zu vermeiden.
     
  10. Falls der bayerische Sonderweg nur eine Zwischenlösung bleiben sollte, so hat er sich als eine leistungsfähige Alternative zum Modell des Standesbeamten erwiesen. Das Lob, das wir von den Lebenspartnern bekommen haben, übersteigt bisher bei weitem die Kritik.

Übersicht der in das Lebenspartnerschaftsbuch der Landesnotarkammer Bayern eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften:
(Gesamtstand seit 1.11.2002 bis15.8.2002: 525; etwa zu 33% Frauen)

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Günter Dworek, LSVD-Bundesvorstand:

Ergebnisbericht der AG 1:

1. Informationen aus der Praxis

Herr Sorge berichtet, dass die bayerischen Notare die Aufgabe in der Regel gut angenommen haben. Es gibt etwa 500 Notare, so dass eine flächendeckende Versorgung gewährleistet ist, wenn auch nicht in der Dichte wie Standesämter. Man hat innerhalb Bayerns freie Wahl, zu welchem Notar man gehen will.

Herr Sorge weist darauf hin, dass im Internet in Kooperation mit dem LSVD Bayern eine Liste der Notare einsehbar ist, die besonders an der Aufgabe interessiert sind. Er räumt ein, dass der Gebührensatz höher als in anderen Ländern ist, betont aber, dass dieser dennoch nicht die Kosten deckt.

Herr Reckling erläutert Gebührensätze und Praxis am Beispiel des Landes Berlin. Er betont nochmals, wie gut die Aufgabe von den Standesämter bewerkstelligt wird, und berichtet von einer großen Zufriedenheit des „Kundenkreises".

Herr Sorge hält die Notar-Regelung für sachgerecht, hat aber Verständnis dafür, dass der betroffene Personenkreis die Standesamtslösung bevorzugt. Er geht davon aus, dass dies auch über kurz oder lang bundeseinheitlich so kommen wird.

Er betont, dass mit dem Notar auch gleich die richtige Adresse für eine Beratung über die notwendige Erklärung über den Vermögensstand nach §§ 6, 7 LPartG gegeben ist und so die Dinge für die Betroffenen praktischerweise in einer Hand liegen.

Herr Reckling berichtet davon, dass in Berlin zwar fast bei jedem zweiten Paar zuerst Unklarkeiten über die Wahl des Vermögensstandes nach §§ 6, 7 LPartG bestehen, nach Aufklärung die Sachlage der Notar aber selten in Anspruch genommen wird. In Berlin wählen 90 % der Lebenspartnerschaften die Ausgleichsgemeinschaft, nur 10 % schließen eine notarielle Vereinbarung ab.

Er weist zudem darauf hin, dass es bei der Ehe zwischen Mann und Frau nicht sehr anders ist. Auch dort werden 75 % der Ehen ohne Ehevertrag und ohne Beratung beim Notar geschlossen.

2. Probleme im Einzelfall

Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichten von einzelnen diskriminierenden Erlebnissen aus verschiedenen Bundesländern:

Ein Teilnehmer aus Rheinland-Pfalz berichtet, man habe ihm als Ort zur Begründung der Lebenspartnerschaft das Besprechungszimmer im Kreiskrankenhaus angeboten.

In Frankfurt/Main sei zwar das Standesamt zuständige Behörde, repräsentative Eintragungszeremonien im Palmengarten aber nicht möglich, da die Stadt die Gebührenordnung nicht angepasst habe.

Das Hambacher Schloss, das repräsentative Hochzeiten ausrichtet, weigere sich, auch gleichgeschlechtliche Paare aufzunehmen. Hierzu weist Herr Reckling aber darauf hin, dass es sich hierbei um ein Wirtschaftsunternehmen und nicht um eine Behörde handelt.

Beide Referenten vertreten die Einschätzung, dass sich die Situation in den Ländern am problematischsten darstellt, die die Benennung der zuständigen Behörden den Kommunen überlassen haben. Hier gibt es einen kleinteiligen Flickenteppich an Zuständigkeiten, der für die Bürgerinnen und Bürger sehr verwirrend ist. Zudem kommt es zu krassen Ungleichbehandlungen in der Ausgestaltung der Eintragung, wenn beispielsweise eine Gemeinde diese am Standesamt mit festlichem Rahmen ermöglicht, der Nachbarkreis dagegen bewusst schikanierende Verfahren wie die erwähnte Eintragung im Kreiskrankenhaus bereithält.

Zudem ist in den Ländern mit zersplitterten Zuständigkeiten kein landesweiter statistischer Überblick zu gewinnen. Auch der Datenabgleich ist erheblich erschwert.

3. Bundeseinheitliches Registerwesen

Beide Referenten plädieren für ein einheitliches bundesweites Meldewesen. Das bisherige Fehlen eines einheitlichen Registers kann im Einzelfall gravierende Folge haben, wenn z.B. im Todesfall das Nachlassgericht nicht weiß, dass eine Partnerschaft bereits aufgelöst ist.

Die Referenten sind sich einig in der Prognose, dass ein zentrales bundeseinheitliches Register kommen wird. Das sei aus Gründen der Rechtssicherheit zur Fehlervermeidung notwendig.

Die Diskussionbeiträge der Teilnehmerinnen und Teilnehmern der AG gehen unisono in die Richtung, bundesweit die Standesamtslösung zu verwirklichen.

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