15.03.2005
"Antidiskriminierungsgesetz fürht nicht zu starker Mehrbelastung der
Gerichte"
Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung sieht im Zusammenhang mit dem von
den Koalitionsfraktionen eingebrachten Antidiskriminierungsgesetz (ADG)
weder eine Prozesswelle auf Deutschland zukommen, noch befürchtet sie ein
Anwachsen der Bürokratie für Behörden.
In ihrer Antwort (15/5010) auf eine Kleine Anfrage der Union (15/4912)
begründet sie ihre Einschätzung damit, dass im Gegensatz zu anderen
EU-Staaten der nach der EU-Richtlinie erforderliche Diskriminierungsschutz
nicht vorrangig über den Aufbau von behördlichen Strukturen gesucht werde,
sondern vor allem über individualrechtliche Ansprüche der von
Diskriminierung Betroffenen.
So könne der Aufbau von staatlicher Bürokratie weitgehend vermieden
werden. Auf die seitens der CDU/CSU-Fraktion geäußerte Befürchtung,
Antidiskriminierungsverbände könnten als "Abmahnvereine" eine Prozesswelle
auslösen, entgegnet die Regierung, dass die Verbände nicht über eigene
Ansprüche verfügen sollen, sondern nur befugt seien, bei der Durchsetzung
individueller Ansprüche Benachteiligter unterstützend mitzuwirken.
Sie geht deshalb nicht von einer erheblichen Mehrbelastung der Gerichte
aus, weil Diskriminierte, die sich auf das ADG beriefen, glaubhaft machen
müssten, dass es sich um eine Benachteiligung im Sinne des Gesetzes
handelt. Die Behauptung der Ungleichbehandlung selbst reiche hierfür nicht
aus. Erst nach erfolgreicher Glaubhaftmachung kehre sich die Beweislast
um.
Ferner heißt es, die Regierung teile die Auffassung der Fraktionen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen, dass Anbietern von Gütern und Dienstleistungen
zusätzliche Dokumentationskosten entstehen können. Allerdings seien ihr
keine Kostenschätzungen zu den zusätzlichen Dokumentationspflichten
bekannt.
Auf die Frage, wo der Gesetzentwurf über die ihm zugrunde liegende
EU-Richtlinie hinausgehe, sagt die Regierung, dass dies für das allgemeine
Zivilrecht zutreffe, da hier auch ein Diskriminierungsverbot für die
Merkmale der Religion und der Weltanschauung, einer Behinderung, des
Alters oder der sexuellen Identität vorgesehen sei.
Auch in der Schlichtungsfrage gehe der nationale Entwurf über die
EU-Vorgaben hinaus. Nach EU-Recht soll sich die so genannte
Antidiskriminierungsstelle bei Fragen der ethnischen Herkunft oder des
Geschlechts einschalten.
Da die Antidiskriminierungsstelle aber Anlaufstelle für alle Betroffenen
sein solle und zumindest die arbeitsrechtlichen Regelungen alle
Diskriminierungsmerkmale umfassen müsse, ist es aus Sicht der
Bundesregierung nur folgerichtig, allen den Zugang zu dieser Stelle zu
ermöglichen.
Im Übrigen verweist die Bundesregierung darauf, dass auch andere
EU-Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinienvorgaben weitergehende
Regelungen getroffen hätten. Hier nennt sie folgende Länder: Belgien,
Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Litauen, die Niederlande, Polen,
Portugal, Schweden, die Slowakei, Ungarn und das Vereinigte Königreich.
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