Wahlprüfsteine des LSVD NRW zur Landtagswahl 2005
Vieles hat sich in den letzten Jahren bewegt. Trotzdem sind wir noch weit
davon entfernt, dass Lesben, Schwule und Transgender in ganz
Nordrhein-Westfalen völlig gleichberechtigt ihr Leben führen können.
Die Wahl zum Landtag entscheidet auch für uns wesentlich, wie sich unsere
Lebensbedingungen in den nächsten Jahren gestalten werden.
- Antidiskriminierungsgesetz
Bis heute erleben Lesben, Schwule und Transgender, wie auch Behinderte und
andere Gruppen, vielfältige Diskriminierungen sowohl im Arbeitsleben als
auch im täglichen Leben. Diese Benachteiligungen sind so nicht hinnehmbar.
Eine umfassende Antidiskriminierungsgesetzgebung, die der Diskriminierung
auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der sexuellen
Identität, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder einer
Behinderung wirksam entgegentritt, bietet hier einen wirksamen Schutz und
wird zum Abbau von Benachteiligungen beitragen.
Fragen:
Sind Sie dazu bereit, im Bundesrat Gesetzesvorlagen zu einer umfassenden
Antidiskriminierungsgesetzgebung, welche alle potentiellen
Diskriminierungstatbestände erfasst, einzubringen? Wollen Sie solche Gesetzesvorlagen zu unterstützen? Wollen Sie dies in NRW
durch eigene gesetzliche Regelungen sicherstellen?
- Aktiv gegen Diskriminierung im Land
Zur Überwindung von Diskriminierung wird künftig eine "Kultur der
Vielfalt" nötig sein. Aktive Diversity-Konzepte sind ein wirkungsvolles Mittel,
Vielfalt als Chance für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu nutzen.
Hierfür müssen Konzepte erarbeitet und umgesetzt werden. Die Mitarbeiter,
auch die Führungskräfte in Ministerien und Verwaltung, müssen hierfür
sensibilisiert und geschult werden. Zum aktiven Vorgehen gegen
Diskriminierung gehört auch, dass es in allen Landesverwaltungen
Gleichstellungsbeauftrage für gleichgeschlechtliche Lebensweisen gibt.
Diese müssen nicht nur optional, sondern zwingend installiert werden. Sie
müssen auch über eigenständige Interventions- und Aktionsmöglichkeiten
verfügen, um wirksam Diskriminierung verhindern zu können. Dies gilt für
alle Landesdienststellen, selbstverständlich auch bei Polizei und Justiz.
Lesben, Schwule und Transgender werden bis heute im Beruf oft
benachteiligt, und sie müssen sogar mit Entlassung rechen. Um dies künftig
zu verhindern, muss die Förderung von Projekten sowie die Vergabe von
Aufträgen des Landes an das Bestehen diskriminierungsfreier
Beschäftigungsverhältnisse geknüpft werden. Dies kann durch entsprechende Vertragsklauseln in allen Verträgen, mit
denen das Land Förderungen und Aufträge vergibt, erreicht werden. Dies
gilt u.a. auch für religiös gebundene Arbeitgeber außerhalb ihres
Verkündigungsauftrags, so z.B. in den Bereichen Kindergärten und
Sozialarbeit. Hier droht manchen derzeit die Kündigung, sobald sie offen
zu sich selbst stehen.
Frage:
Wollen Sie die rechtliche Gleichstellung in NRW voranbringen und dies
durch gesetzliche Reglungen und Vertragsgestaltungen sicherstellen?
- Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften
Das Lebenspartnerschaftsgesetz ist ein großer Sprung nach vorne für Lesben
und Schwule. Bisher ist dies noch nicht vollständig in Landesrecht
umgesetzt. Im Landtag von Nordrhein-Westfalen soll noch im April ein
Gesetz
zur Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Landesrecht beschlossen
werden. Wir begrüßen dies sehr als großen Schritt hin zu einer wirklichen
rechtlichen Gleichstellung.
Unser Ziel ist die volle Gleichstellung. Es gibt keine sachliche
Begründung,
warum schwule und lesbische Lebensgemeinschaften schlechter behandelt
werden
als heterosexuelle. Wir wollen gleiche Rechte. Dazu gehört beispielsweise
auch die Anerkennung im Steuerrecht, im Beamtenrecht und im Erbrecht. Die
ist im bisherigen Bundesgesetz noch nicht erreicht worden. Hier ist eine
Ergänzung notwendig, welche der Zustimmung des Bundesrats bedarf.
Fragen:
Sind Sie bereit, sich für die vollständige Gleichberechtigung
gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften einzusetzen und der Umsetzung
in
Landesrecht im Landtag zuzustimmen? Wollen Sie sich im Bundesrat für die
Verabschiedung der in einem Ergänzungsgesetz zur eingetragenen
Lebenspartnerschaft zusammengefassten Regelungen einsetzen und ggf. selbst
für entsprechende Regelungen tätig werden?
- Aufklärung und Prävention gegen Vorurteile und Gewalt
Gerade Schwule und Lesben sind oftmals Zielscheibe von Vorurteilen und
Gewalt. Zielgerichtete Aufklärungsmaßnahmen und Antigewaltprojekte helfen
Vorurteile abzubauen, Akzeptanz zu fördern und die Sensibilisierung für
Fragen der sexuellen Identität zu fördern. Themen gleichgeschlechtlicher
Lebensweisen müssen gleichberechtigt ein fester Bestandteil im Unterricht
und in der Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern werden. Ein
hervorragendes Beispiel ist hier das Projekt der Aufklärungsarbeit an
Schulen, welches vom Schwul-Lesbischen Aufklärungsprojekt im Unterricht
(SchLAU) durchgeführt wird. Diese Angebote müssen weiter gefördert und
ausgebaut werden. Insbesondere jugendliche Schwule und Lesben brauchen
Unterstützung. Selbsthilfegruppen und eine landesweite Koordination sind
hier nötig. Auch in der Landesjugendhilfe muss stärker auf die Probleme
junger Lesben und Schwuler eingegangen werden.
Aufklärung heißt auch, politische Bildungsarbeit durch Seminare, Workshops
und Materialien fördern. Wir brauchen auch Hilfe zur Selbsthilfe für
Projekte der schwulen und lesbischen SeniorInnenarbeit. Die spezifischen
Bedürfnisse dieser Bevölkerungsgruppen müssen evaluiert und Angebote
erarbeitet werden. Ein ganz wichtiger Punkt ist hier auch die
Aufklärungsarbeit im Migrantenbereich. In vielen der traditionell
orientierten Migrations-Communitys ist Homosexualität nahezu vollkommen
tabuisiert. Auch in NRW ist hier die Förderung und Unterstützung von
Beratungsangeboten und Selbsthilfegruppen für Migrantinnen und Migranten,
die lesbisch bzw. schwul sind, immens wichtig. Es müssen auch
muttersprachlich orientierte Aufklärungskampagnen zu schwul-lesbischen
Themen eingerichtet und gefördert werden. Mit diesen sollen Menschen mit
Migrationshintergrund und auch Migrantenorganisationen erreicht werden.
Gerade hier gibt es ein erhebliches Informationsdefizit zu
gleichgeschlechtlichen Lebensweisen.
Zur Vermeidung antischwuler und antilesbischer Gewalt sind die Förderung
und
der Ausbau von Antigewaltprojekten nötig. Hierzu zählen auch Hilfsangebote
für lesbische und schwule Gewaltopfer und psychosoziale Beratungs- und
Selbsthilfeangebote für Lesben, Schwule und Transgender. Die
Präventionsarbeit der Polizei zu antilesbischer / antischwuler Gewalt in
NRW
ist weiter fortzuführen und auszubauen. Insbesondere müssen die
Polizistinnen und Polizisten hierfür auch durch geeignete Angebote
sensibilisiert und geschult werden.
Fragen:
Werden Sie, wenn Sie in der Regierungsverantwortung stehen, diese Projekte
zu Aufklärung und Prävention weiter fördern und ausbauen? Sind Sie bereit,
hier auch neue Projekte anzustoßen und dies auch finanziell zu
unterstützen?
- Prävention gegen sexuell übertragbare Krankheiten und HIV/AIDS
Prävention ist auch in Zeiten knapper Kassen die wirksamste und günstigste
Lösung für unsere Gesellschaft. Gerade die unter Jugendlichen wieder
ansteigenden Infektionszahlen lassen schon heute die Alarmglocken
schrillen.
Wer hier die Mittel zur Prävention gegen HIV/AIDS und andere sexuell
übertragbare Krankheiten streichen will, macht sich mitverantwortlich für
Neuinfektionen und unsägliches Leid. Um dies zu verhindern, müssen die
Zielgruppen und insbesondere Jugendliche erreicht werden. Die AIDS-Aufklärung muss auch an den Schulen verstärkt werden.Weiter müssen Betreuungs- und Lebensangebote für Erkrankte zur Verfügung
stehen. Diese dürfen nicht aus unserer Gesellschaft ausgestoßen werden.
Frage:
Wollen Sie die Angebote zur Prävention gegen sexuell übertragbare
Krankheiten und HIV/AIDS in NRW weiter zielgerichtet ausbauen und diese
absichern?
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