LSVD vom 18. August 2002
Bundestag und Bundesrat sollen
im September das Ergänzungsgesetz verabschieden!
LSVD droht Politik mit Verfassungsbeschwerden
Erste deutsche Großunternehmen setzen Lebenspartnerschaftsgesetz um:
Deutsche Bahn setzt Gleichstellungs-Lokomotive unter Dampf
Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland
(LSVD), erklärt zum Abschluss der zweitägigen bundesweiten Fachtagung "Ein
Jahr Lebenspartnerschaftsgesetz - 10 Jahre Aktion Standesamt" im Berliner
Rathaus Schöneberg:
Der Lesben- und Schwulenverband fordert Bundestag und Bundesrat ultimativ
auf, das im Vermittlungsausschuss liegende Ergänzungsgesetz noch im
September zu verabschieden. Hierbei geht es vor allem um die Gleichstellung
im Erbschafts- und Einkommensteuerrecht sowie bei sozial- und
beamtenrechtliche Regelungen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem
Urteil vom 17. Juli 2002 den Weg zur vollständigen Gleichstellung
homosexueller Paare frei gemacht.
Der LSVD droht der Politik im Falle von Stillstand mit der Vorbereitung von
Musterklagen und Verfassungsbeschwerden. Der Staat kann nicht bei
Arbeitslosen- und Sozialhilfe aufgrund der gesetzlichen
Unterhaltsverpflichtung des Lebenspartnerschaftsgesetzes Kürzungen
vornehmen, aber als Steuergesetzgeber die Minderung der steuerlichen
Leistungsfähigkeit durch gesetzliche Unterhaltsleistungen ignorieren. Auf
verfassungsrechtliche Probleme bei einem Fehlen von steuerrechtlichen
Regelungen hat auch das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem
Lebenspartnerschaftsurteil hingewiesen.
Bundesfamilienministerin Bergmann sicherte dem Verband in einer Ansprache
die weitere Unterstützung der Bundesregierung bei der Gleichstellung der
Lebenspartnerschaften zu. Sie kritisierte auch deutlich "als evangelische
Christin" die Haltung der katholischen Bischöfe, die angekündigt hatten,
Mitarbeiter, die eine Lebenspartnerschaft eintragen lassen, würden in den
sozialen Einrichtungen der katholischen Kirchen gekündigt.
Der LSVD fordert auch die Tarifparteien auf, beim Abschluss der nächsten
Tarifverträgen die Regelungen für Ehegatten auf Lebenspartner auszudehnen.
Auf der Tagung konnten erste Erfolge bei der gesellschaftlichen Umsetzung
des Gesetzes vermerkt werden: Die Deutsche Bahn AG hat ihr Tarifvertrags-
und ihr Betriebsrentensystem für ihre Beschäftigten bereits voll umgestellt,
so dass Lebenspartnerschaften und Ehegatten gleichgestellt sind. Lufthansa
und Deutsche Bank behandeln Lebenspartner in den meisten Bereichen bereits
freiwillig wie Eheleute (Vergünstigungen, Freistellungen). Die
versorgungsrechtlichen Regelungen werden dort gerade diskutiert. Auch im
Tarifvertrag Bau wurden bereits die Sonderurlaubsregelungen auf
Lebenspartnerschaften ausgeweitet.
Auf der Fachtagung im Berliner Rathaus Schöneberg diskutierten am Wochenende
150 Fachleute (JuristInnen, Abgeordnete, ArbeitgeberInnen und
GewerkschafterInnen) und Betroffene miteinander über ihre Erfahrungen und
weitere Umsetzungsschritte des Lebenspartnerschaftsgesetz in
Verwaltungspraxis, Tarifrecht und Gesetzgebung.
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