Presseerklärung der LSU Mannheim vom 03.03.2003Verwaltungsentscheidung in Sachen Trausaal
Zeichen von Inkompetenz und Ignoranz
Verstoß gegen Geist des Verfassungsgerichtsurteils
Als „Zeichen von Inkompetenz und Ignoranz gegenüber den Anliegen von
Lesben und Schwulen" wertete der Sprecher der LSU-Mannheim, Michael Reiss,
am Montag die Entscheidung der Stadtverwaltung mit dem
Oberbürgermeister an der Spitze, den Trausaal auf Wunsch der Betroffenen
nicht zu öffnen.
Es sei ein Zeichen juristischer Inkompetenz, wenn die Verwaltung in
ihrer Vorlage an den Hauptausschuss des Gemeinderates unter Hinweis auf
das vom Landtag beschlossene Gesetz zur Ausführung des
Lebenspartnerschaftsgesetzes (DS 13/1097 vom 27.06.02) die Möglichkeit
verneint, sogenannte Homoehen durch den Standesbeamten schließen zu
lassen. Es ist zwar richtig, dass das Gesetz keine Aussagen über den Ort
der Schließung der sogenannten Homoehe macht, aber dies gilt auch für die
Frage, vor wem man sie letztlich rechtsgültig schließt. Dies war der
Grund, warum ohne Beanstandung durch das über die Gemeinden die
Rechtsaufsicht führende Innenministerium zum Beispiel die kreisfreien
Städte Heidelberg und Freiburg (damals SPD regiert) die Aufgabe dem
Standesbeamten übertrugen. Allerdings gab die Landesregierung in der
Begründung des Gesetzesentwurfes gegenüber dem Landtag zu erkennen, dass
sie gegen eine Beauftragung des Standesbeamten ist. Nachdem die Begründung
nicht zum Gesetzesbeschluss gehört, besitzt sie keine rechtsverbindliche
Wirkung. Die Entscheidung, wer und wo man den Rechtsakt vollzieht, liegt in den kreisfreien Städten im Ermessen des
Oberbürgermeisters.
„Wenn der Oberbürgermeister der Stadt Mannheim entgegen des erklärten
po-litischen Willens fast aller Gemeinderatsfraktionen seinen
Ermessensspielraum gegen die Anliegen von Lesben und Schwulen nutzt, kann
dies", so Reiss, „nur als politische Ignoranz bezeichnet werden."
Dass es der Landesregierung nicht um den Ort der Protokollierung geht,
beweist nach Aussagen des LSU-Sprechers das Protokoll der Sitzung des
Ständigen Ausschusses des Landtags vom 13. Juni 2002 (DS 13/1066 vom
20.06.02), wo der für diesen Bereich zuständige Staatssekretär im
Innenministerium, Heribert Rech, ausführte: „Der Staatssekretär aus dem
Innenministerium stellt klar, es gebe keine Hindernisgründe gegen die
Inanspruchnahme eines Trauraums in einer Gemeinde für die Eintragung
gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften." Vor diesem Hintergrund
erachtet Reiss die Entscheidung der Stadtverwaltung für mehr als
fragwürdig.
Nach Auffassung des Sprechers verstößt die Verwaltungsentscheidung auch
gegen den Geist des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes, nach dem das
Grundgesetz nicht verlangt, andere Lebensgemeinschaften schlechter zu
stellen als die Ehe.
„Wenn die Verwaltung in ihrer Vorlage sich zudem auf die besondere
Widmung des Trausaals für die Schließung heterosexueller Ehen beruft,
scheint ihr entgangen zu sein, dass zum Beispiel vor dem Mannheimer
Fastnachtszug der Trausaal als sogenannte innere und äußere Wärmestube
für Gemeinde- und Elferräte dient", sagte Reiss. Längstens hier führe sich
die Verwaltungsvorlage selbst ad absurdum.
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