Presse



PRESSEMITTEILUNG NR. 483 der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 31. August 2003

Homosexuellen-Papier des Vatikan ist Dokument eines engstirnigen Fanatismus

Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, erklärt:

Die neue Verlautbarung des Vatikan zur gleichgeschlechtlichen Partnerschaft ist ein trauriges Dokument eines engstirnigen Fanatismus. Anders als protestantische Kirchen und auch viele katholische Theologen und Priester verteufelt der Vatikan homosexuelle Handlungen als schwere Sünde. Wenn Kardinal Ratzinger jetzt sein mittelalterliches Sündendenken zum Maßstab staatlicher Gesetzgebung erhebt, dann ist das zutiefst undemokratisch.

Herr Ratzinger sollte wissen: Es ist ein Kardinalfehler, die Liebe zu bekämpfen. Im demokratischen Staat haben gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften Anspruch auf Respekt und auf gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung. Das hat das Bundesverfassungsgericht im Juli 2002 eindrucksvoll dargelegt. Wenn Rom nun einen Kreuzzug gegen die Bürgerrechte der Lesben und Schwulen startet, ist das ein bedenklicher Schritt zur Selbstisolierung der katholischen Kirche in der Demokratie. Lebenspartnerschaftsgesetze als moralischen Verfall und Schaden für das Gemeinwohl zu geißeln, ist absurd. Der Vatikan bleibt jeden Nachweis schuldig, dass sich Lebenspartnerschaftsgesetze nachteilig auf Familien ausgewirkt haben könnten. In Dänemark besteht das Gesetz immerhin bereits seit 1989. Es geht um Menschen, die füreinander einstehen und sorgen wollen. Das ist kein Werteverfall, sondern ein Wertegewinn für die Gesellschaft.

Für demokratische Politikerinnen und Politiker sollten die neuesten Vatikan-Äußerungen geradezu ein Anstoß sein, den Abbau der Diskriminierung jetzt erst recht beherzt anzupacken. Wir sehen uns darin bestärkt, die Gleichstellung Eingetragener Lebenspartnerschaften weiter voranzutreiben.

Ratzingers neuer fundamentalistischer Ausbruch ist gleichzeitig auch ein Ausdruck von Schwäche. Der Vatikan fühlt sich offenbar hilflos, weil die Menschen weltweit seinen Dogmen zur Sexualmoral nicht mehr folgen, sondern selbst entscheiden, wie sie Familie, Partnerschaft oder Ehe verantwortlich gestalten. Weil der Vatikan mit dieser Realität nicht zurecht kommt, greift er nun die homosexuelle Lebensgemeinschaft an, und versucht Vorurteile gegen eine Minderheit zu schüren. Das wird nicht verfangen. Immer mehr Menschen erkennen: Die Familie wird nicht dadurch geschützt, dass man Homosexuelle diskriminiert oder ihren Partnerschaften die rechtliche Anerkennung verweigert. Im Gegenteil, eine gute Familienpolitik stützt alle Menschen, die bereit sind, füreinander Verantwortung zu übernehmen.

Günter Dworek
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Referent Antidiskriminierungs- und Gesellschaftspolitik
Deutscher Bundestag
11011 Berlin
Tel. 030 - 227 58903
Fax 030 - 227 56273
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