Presse



15.10.2003:

Offener Brief der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwuler Juristen (BASJ)
an Volker Beck

Keine Wahlempfehlung
für Bündnis 90/Die Grünen mehr möglich

Anlässlich ihrer Herbsttagung hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwuler Juristen (BASJ) einen offenen Brief an den Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, gerichtet. Sie beklagt, dass die Regierungskoalition in der laufenden Wahlperiode keinerlei Aktivitäten zur Durchsetzung gleicher Rechte für Lesben und Schwule unternommen hat.

Anlass für das Schreiben ist, dass seit der Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgesetzes die Aktivitäten der Regierungskoalition bei der Durchsetzung gleicher Rechte für Lesben und Schwule eingeschlafen sind.

Wörtlich heißt es in dem Schreiben: "Wir erkennen an, dass es maßgeblich auf die Initiative von Bündnis 90/Die Grünen und insbesondere auf Deinen persönlichen Einsatz zurückzuführen ist, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedet worden ist. Nachdem durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2002 klar geworden ist, dass eine Gleichstellung von lesbischen und schwulen Lebenspartnerschaften mit Ehen nicht gegen die Verfassung verstößt, müssen die zurückgestellten Gesetzesänderungen endlich in Angriff genommen werden."

Zahlreiche wichtige Gleichstellungen sind ohne die Zustimmung des Bundesrats durchsetzbar. Dies betrifft z.B. den Bereich des gesamten Ausländerrechts, der Freizügigkeitsregelungen und des gesetzlichen Rentenrechts.

Wir bitten, den offenen Brief zu veröffentlichen.

Für die BASJ
Jacob Hösl, Rechtsanwalt Köln
Lukas Kliem, Rechtsanwalt Berlin


Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ)
c/o RA J. Hösl, Boisseréestr. 3, 50674 Köln

Herrn
Volker Beck, MdB
Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Platz der Republik 1

11011 Berlin

Reinhausen, den 12.10.2003

Lieber Volker,

wir erkennen an, dass es maßgeblich auf die Initiative von Bündnis90/Die Grünen und insbesondere auf Deinen persönlichen Einsatz zurückzuführen ist, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedet worden ist. Nachdem durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2002 klar geworden ist, dass eine Gleichstellung von lesbischen und schwulen Lebenspartnerschaften mit Ehen nicht gegen die Verfassung verstößt, müssen die zurückgestellten Gesetzesänderungen endlich in Angriff genommen werden. Nach wie vor gibt es einige wichtige Fragen, die nicht zustimmungsbedürftig sind, die also auch bei den derzeitigen politischen Machtverhältnissen im Bundestag und Bundesrat durchgesetzt werden können. Dies betrifft z.B. den Bereich des gesamten Ausländerrechts, der Freizügigkeitsregelungen und des gesetzlichen Rentenrechts.

Wir müssen aber seit einigen Monaten feststellen, dass die Regierungskoalition ihr Versprechen, gleiche Rechte für Lesben und Schwule durchzusetzen, nicht weiter verfolgt. Wir sind bei zahlreichen Gelegenheiten an Dich herangetreten, damit Du die Versprechungen, die Du allen Lesben und Schwulen gemacht hast, einhältst. Zunehmend werden wir mit fadenscheinigen Begründungen hingehalten, weshalb es derzeit nicht möglich wäre, die noch notwendigen und versprochenen Vorhaben umzusetzen.

Schlimm daran ist vor allem, dass Vorhaben der "Gleichverpflichtung" von Lesben und Schwulen in den Bereichen, in denen es darum geht, diese gegenüber ihren Partnern zur Entlastung des Fiskus heranzuziehen, offenbar problemlos verfolgt werden, wie dies derzeit z.B. im Bereich des Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilferechts geschieht. Das Verhalten der Partei Bündnis 90/Die Grünen und auch Dein Verhalten haben zu großer Enttäuschung und Resignation geführt.

Wir betrachten dies als Bruch des uns gegebenen Versprechens und werden, sofern sich nicht in allernächster Zukunft hieran etwas ändert, Wahlempfehlungen zugunsten von Bündnis 90/Die Grünen nicht mehr abgeben können.

Mit freundlichen Grüßen
Für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Schwulen Juristen

gez. Rechtsanwalt Jacob Hösl, Köln           gez. Rechtsanwalt Lukas Kliem, Berlin
 


[Impressum] [Feedback] [Sitemap]