Presse |  Protestschreiben



07.08.2003

Protestschreiben

an die Deutsche Bischofskonferenz
und an den Apostolischen Nuntius

Hallo,

wir haben viele Zuschriften von Lesben und Schwulen zu dem Dokument der Kongregation für die Glaubenslehre über gleichgeschlechtlichen Partnerschaften erhalten. Sie fühlen sich zutiefst verletzt und getroffen.

Wir meinen, dass sollten wir den deutschen Bischöfen und dem Apostolischen Nuntius mitteilen. Deshalb haben wir die nachfolgenden beiden Protestschreiben entworfen.

Bitte kopiert die Schreiben ab und sendet sie per eMail an die angegebenen Adressen.

Beste Grüße,

Manfred Bruns
Treiberstrasse 31
70619 Stuttgart
Tel: 0711 478 09 88
Fax: 0711 478 08 99
Mobil: 0170 840 84 56
eMail: Bruns-Stuttgart@web.de

http://www.lsvd.de/
http://www.lsvd.de/recht/


Protestschreiben an die Deutsche Bischofskonferenz:

An die Deutsche Bischofskonferenz

eMail: post@kath-buero.de

Sehr geehrte Herren Bischöfe,

ich protestiere nachdrücklich gegen das Dokument der Kongregation für die Glaubenslehre zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.

Ich bin entsetzt darüber, dass die Deutsche Bischofskonferenz ein Dokument begrüßt und gutheißt, das eine solch unerträglich hasserfüllte Sprache gegen Lesben und Schwule führt.

Das Dokument kann kein einziges sachliches Argument gegen Eingetragene Lebenspartnerschaften anführen. Statt dessen wird eine Minderheit radikal verteufelt. Mit äußert dürftiger theologischer Garnierung serviert der Vatikan nichts als Vorurteile, krude Behauptungen und Zirkelschlüsse. Auch katholische Theologen bestätigen: Die angeführten Bibelstellen sind nur noch für das Untermauern herkömmlicher Diskriminierungsabsichten zu gebrauchen.

Es kann nur als hochgradig scheinheilig gewertet werden, wenn zwischen all den antihomosexuellen Ausbrüchen ein schmales Lippenbekenntnis abgegeben wird, Homosexuellen sei "mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen". Das Dokument straft sich selbst Lügen. Denn was hat es mit Achtung und Takt zu tun, wenn Homosexualität als "Anomalie", homosexuelle Liebe als "abwegiges Verhalten" und die Eingetragene Lebenspartnerschaft als "Legalisierung des Bösen" diffamiert wird?

Wer Menschen, die in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft leben, als "das Böse" und "für die gesunde Entwicklung der menschlichen Gesellschaft schädlich" stigmatisiert, erklärt sie für vogelfrei. Wir haben in Deutschland mehrfach erlebt, dass gewaltbereite Gruppen hetzerischen Worten schreckliche Taten folgen lassen. Glaubenskongregation und Bischofskonferenz tragen die Verantwortung dafür, wenn sich gewalttätige Übergriffe auf homosexuelle Menschen wieder häufen sollten.

In vielen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften wachsen bereits Kinder auf. Viele Lesben und Schwule sind Eltern, tragen Verantwortung für die Erziehung und das Wohlergehen ihrer Kinder. Es ist eine unerträgliche Beleidigung all dieser Menschen, wenn der Vatikan behauptet, die "Einfügung von Kindern in homosexuelle Lebensgemeinschaften" bedeute faktisch, "diesen Kindern Gewalt anzutun". Noch schlimmer ist, dass Kinder, die in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft aufwachsen, ebenfalls diffamiert werden. Es wird ihnen nämlich abgesprochen, an einer "vollen menschlichen Entwicklung" teilzuhaben. Wir verweisen hierzu auf die Stellungnahme der Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, die zu diesen Anwürfen des Vatikans erklärte: "Was er sagt, ist völlig lebensfremd" (Süddeutsche Zeitung vom 2.8.2003).

Die Familie wird nicht dadurch geschützt, dass man Homosexuelle diskriminiert oder ihren Partnerschaften die rechtliche Anerkennung verweigert. Im Gegenteil, eine gute, auch christlich verstandene Familienpolitik sollte alle Menschen unterstützen, die bereit sind, füreinander Verantwortung zu übernehmen.

Über die Ablehnung jedweder rechtlichen Anerkennung hinaus, will der Vatikan den Staat in die Pflicht nehmen, "das Phänomen [der Homosexualität] in Grenzen zu halten". Das Dokument spricht somit Homosexuellen nicht nur Liebes- und Verantwortungsfähigkeit ab, sondern letztlich auch das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Das ist zutiefst undemokratisch.

Es ist auch äußert bedenklich, dass die Glaubenskongregation zum Widerstand gegen demokratisch beschlossene Gesetzgebung aufruft, die zudem in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich für grundgesetzkonform und im Einklang mit dem Verfassungsgebot des Schutzes von Ehe und Familie stehend erklärt wurde.

Der Vatikan versucht erpresserischen Gewissensdruck auf katholische Politiker auszuüben, wenn er deren freie Entscheidung, für die Rechte der homosexuellen Bürgerinnen und Bürger zu stimmen, als "schwerwiegend unsittliche Handlung" verdammt. Ich bin überzeugt, dass sich die übergroße Mehrheit der demokratischen Politikerinnen und Politikern diesem Diktat Roms verweigern wird.

Ich weiß zudem, dass ein großer Teil der Gläubigen ebenso wie viele Priester und zahlreiche Menschen, die in katholischen Einrichtungen arbeiten, die Dinge ganz anders sehen, als die Glaubenskongregation ihnen befehlen will. Die Katholische Amtskirche hat sich mit dem Inhalt und mehr noch mit dem menschenfeindlichen, hasserfüllten Tonfall des Dokuments massiv weiter ins gesellschaftliche Abseits begeben.

Ich fordere die Deutsche Bischofskonferenz auf, sich von dem Papier des Vatikans zu distanzieren und sich bei allen Menschen, die durch das Dokument beleidigt und diffamiert wurden, zu entschuldigen.


Protestschreiben an den Apostolischen Nuntius

An den Apostolischen Nuntius

Seine Exzellenz
Erzbischof Dr. Giovanni Lajolo

eMail: Apostolische_Nuntiatur@t-online.de

Exzellenz,

ich protestiere nachdrücklich gegen das Dokument der Kongregation für die Glaubenslehre zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.

Ich bin entsetzt darüber, dass der Vatikan ein Dokument veröffentlicht, das eine solch unerträglich hasserfüllte Sprache gegen Lesben und Schwule führt.

Das Dokument kann kein einziges sachliches Argument gegen Eingetragene Lebenspartnerschaften anführen. Statt dessen wird eine Minderheit radikal verteufelt. Mit äußert dürftiger theologischer Garnierung serviert der Vatikan nichts als Vorurteile, krude Behauptungen und Zirkelschlüsse. Auch katholische Theologen bestätigen: Die angeführten Bibelstellen sind nur noch für das Untermauern herkömmlicher Diskriminierungsabsichten zu gebrauchen.

Es kann nur als hochgradig scheinheilig gewertet werden, wenn zwischen all den antihomosexuellen Ausbrüchen ein schmales Lippenbekenntnis abgegeben wird, Homosexuellen sei "mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen". Das Dokument straft sich selbst Lügen. Denn was hat es mit Achtung und Takt zu tun, wenn Homosexualität als "Anomalie", homosexuelle Liebe als "abwegiges Verhalten" und die Eingetragene Lebenspartnerschaft als "Legalisierung des Bösen" diffamiert wird?

Wer Menschen, die in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft leben, als "das Böse" und "für die gesunde Entwicklung der menschlichen Gesellschaft schädlich" stigmatisiert, erklärt sie für vogelfrei. Wir haben in Deutschland mehrfach erlebt, dass gewaltbereite Gruppen hetzerischen Worten schreckliche Taten folgen lassen. Die Glaubenskongregation trägt die Verantwortung dafür, wenn sich gewalttätige Übergriffe auf homosexuelle Menschen wieder häufen sollten.

In vielen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften wachsen bereits Kinder auf. Viele Lesben und Schwule sind Eltern, tragen Verantwortung für die Erziehung und das Wohlergehen ihrer Kinder. Es ist eine unerträgliche Beleidigung all dieser Menschen, wenn der Vatikan behauptet, die "Einfügung von Kindern in homosexuelle Lebensgemeinschaften" bedeute faktisch, "diesen Kindern Gewalt anzutun." Noch schlimmer ist, dass Kinder, die in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft aufwachsen, ebenfalls diffamiert werden. Es wird ihnen nämlich abgesprochen, an einer "vollen menschlichen Entwicklung" teilzuhaben. Wir verweisen hierzu auf die Stellungnahme der Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, die zu diesen Anwürfen des Vatikans erklärte: "Was er sagt, ist völlig lebensfremd" (Süddeutsche Zeitung vom 2.8.2003).

Die Familie wird nicht dadurch geschützt, dass man Homosexuelle diskriminiert oder ihren Partnerschaften die rechtliche Anerkennung verweigert. Im Gegenteil, eine gute, auch christlich verstandene Familienpolitik sollte alle Menschen unterstützen, die bereit sind, füreinander Verantwortung zu übernehmen.

Über die Ablehnung jedweder rechtlichen Anerkennung hinaus, will der Vatikan den Staat in die Pflicht nehmen, "das Phänomen [der Homosexualität] in Grenzen zu halten". Das Dokument spricht somit Homosexuellen nicht nur Liebes- und Verantwortungsfähigkeit ab, sondern letztlich auch das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Das ist zutiefst undemokratisch.

Es ist auch äußert bedenklich, dass die Glaubenskongregation zum Widerstand gegen demokratisch beschlossene Gesetzgebung aufruft, die zudem in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich für grundgesetzkonform und im Einklang mit dem Verfassungsgebot des Schutzes von Ehe und Familie stehend erklärt wurde.

Der Vatikan versucht erpresserischen Gewissensdruck auf katholische Politiker auszuüben, wenn er deren freie Entscheidung, für die Rechte der homosexuellen Bürgerinnen und Bürger zu stimmen, als "schwerwiegend unsittliche Handlung" verdammt. Ich bin überzeugt, dass sich die übergroße Mehrheit der demokratischen Politikerinnen und Politikern diesem Diktat Roms verweigern wird.

Ich weiß zudem, dass ein großer Teil der Gläubigen ebenso wie viele Priester und zahlreiche Menschen, die in katholischen Einrichtungen arbeiten, die Dinge ganz anders sehen, als die Glaubenskongregation ihnen befehlen will. Die Katholische Amtskirche hat sich mit dem Inhalt und mehr noch mit dem menschenfeindlichen, hasserfüllten Tonfall des Dokuments massiv weiter ins gesellschaftliche Abseits begeben.

Ich fordere den Vatikan auf, das Papier zurückzuziehen und sich bei allen Menschen, die er mit dem Dokument beleidigt und diffamiert hat, zu entschuldigen.

 


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