Pressemitteilung 05/04 des LSVD Berlin-Brandenburg 13. April 2004:Sexualkunde muss sein
LSVD: Keine Unterrichtsbefreiung für muslimische
Schüler
Der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg e.V. (LSVD) fordert
Schulsenator Klaus Böger auf, sicherzustellen, dass es an Berlins Schulen
keine Befreiungen vom Sexualkundeunterricht gibt. Hintergrund ist die
Praxis an Berliner Schulen, muslimische Schüler vom Sexualkundeunterricht
freizustellen. LSVD-Sprecher Bali Saygili warnt vor den negativen Folgen,
die dies für die Toleranz gegenüber Lesben und Schwulen haben könne.
Vergangene Woche war der Schulaufsicht bekannt geworden, dass u.a. an der
Kreuzberger Jens-Nydal-Grundschule einige Schülerinnen nicht am
Sexualkundeunterricht teilnehmen. Die Schülerinnen wurden ganz befreit
oder in Parallelklassen betreut. Andere Schüler störten den Unterricht
massiv und beschimpften die Biologielehrer als „Schweine“.
LSVD-Sprecher Bali Saygili fordert Schulsenator Klaus Böger auf, zu
untersuchen, wie verbreitet die geschilderte Befreiungspraxis ist. Lehrern
und Eltern müsse deutlich gemacht werden, dass die Schulpflicht für alle
gelte. Das hatte Anfang Januar auch das Hamburger Verwaltungsgericht
festgestellt. Eine Befreiung vom Sexualkundeunterricht kann es demnach
nicht geben, weil – in einer Formulierung des Bundesverfassungsgerichts –
die „Kenntnis der menschlichen Sexualität (…) als Voraussetzung für ein
verantwortungsbewusstes Verhalten sich selbst, dem Partner, der Familie
und der Gesellschaft gegenüber angesehen werden (kann)“.
LSVD-Sprecher Bali Saygili:
Die schulische Aufklärung über die verschiedenen Formen menschlicher
Sexualität und die Erziehung zur Toleranz sind unverzichtbar. Dies gilt
insbesondere für die Aufklärung über Homosexualität. Denn Hass und
Intoleranz gegenüber Lesben und Schwulen sind unter jungen Menschen weit
verbreitet – unter deutschen, nicht zuletzt aber auch unter Jugendlichen
mit Migrationshintergrund. In den muslimischen Einwanderercommunitys gibt
es noc große Aufklärungsdefizite bzgl. der Homosexualität.
Vor diesem Hintergrund ist es der falsche Weg, muslimische Schüler von
Teilen des Sexualkundeunterrichts zu befreien. Es ist absurd, wenn man
gerade jene Jugendlichen freistellt, die die Aufklärung nötig haben. Eine
solche Politik der falschen Rücksichtnahme auf muslimische Schüler schadet
ihrer Integration und gefährdet das friedliche Zusammenleben. Der LSVD
fordert den Senat deswegen auf, solche Sonderregelungen an Berlins Schulen
zu unterbinden.
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