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Pressemitteilung LSVD vom 10. Juni 2004

Vor 10 Jahren: Aufhebung des § 175

Wir sind noch lange nicht am Ziel!

Zum 10. Jahrestag der Streichung der § 175 aus dem Strafgesetz erklärt Philipp Braun, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes LSVD:

Vor 10 Jahren, am 11. Juni 1994, trat die Streichung des § 175 StGB in Kraft. Es war ein historischer Tag, denn damit fiel das zentrale Symbol staatlicher Homosexuellenverfolgung. Die Gleichbehandlung im Strafrecht wurde verwirklicht.

Seit der Reichsgründung 1871 stand der § 175 des Strafgesetzbuches weit über 100 Jahre für die Unterdrückung, Verfolgung und Einkerkerung von Menschen allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Von den Nationalsozialisten verschärft, wurde er von der jungen Bundesrepublik unverändert übernommen. Bis 1969 war § 175 in seiner NS-Fassung in Kraft. Erst dann wurde er reformiert und entschärft. Homosexualität unter Erwachsenen wurde straffrei, es wurden aber unterschiedliche Schutzaltersgrenzen beibehalten. Nach der Wiedervereinigung galt in Ost und West gespaltenes Recht, da die DDR ihren Homosexuellenparagraphen zuvor bereits abgeschafft hatte. Im Zuge der Rechtsangleichung wurde 1994 schließlich die Ungleichbehandlung von Homo- und Heterosexualität aus dem Strafgesetzbuch getilgt.

Heute, 10 Jahre später, ist viel erreicht. Wir sind aber noch lange nicht am Ziel unseres Kampfes für Gleichstellung. Wir fordern die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe sowie ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz für das Zivilrecht und das Arbeitsrecht. Dieses hätte aufgrund von EU-Richtlinien längst umgesetzt werden müssen. Am 10. Jahrestag der Abschaffung des § 175 StGB erinnern wir auch daran, dass Homosexuelle in vielen Ländern dieser Welt auch heute noch menschenrechtswidrig strafrechtlich verfolgt werden. Gerade aus der Geschichte der Homosexuellenverfolgung im eigenen Land ist Deutschland in einer besonderen Pflicht, sich offensiv gegen Menschenrechtsverletzungen an Schwulen und Lesben einzusetzen.

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