26.06.2004:Volker Beck
MdB: Rede am Christopher-Street-Day Berlin
Liebe Freundinnen und Freunde!
Ganz Berlin strahlt in Regenbogenfarben.
Aber nur 600 Kilometer entfernt, mitten in Europa, haben die Behörden
Schwulen und Lesben untersagt, auf die Straße zu gehen.
Warschaus Bürgermeister hat den CSD verboten.
Das ist zutiefst undemokratisch.
CSD-Teilnehmer in Krakau wurden von katholischen Fundamentalisten und
Rechtsextremisten angegriffen und verletzt.
Das ist einfach nur empörend.
Die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert allen Bürgerinnen und
Bürgern freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit.
Das sind Grundfreiheiten.
Sie gelten in ganz Europa, auch in katholischen Ländern.
Sie gelten für alle Menschen, auch für Lesben und Schwule.
Wir Deutsche sollten natürlich sehr vorsichtig sein, unsere Nachbarn zu
belehren.
Ich habe größten Respekt vor der Entwicklung der polnischen Demokratie.
Aber, da beißt die Maus keinen Faden ab: Ein Demonstrationsverbot für
Lesben und Schwule ist eine Beschränkung von Grundfreiheiten.
Das ist in keiner Weise akzeptabel.
Ich bewundere den großen Mut der aktiven Lesben und Schwulen in Polen, die
sich nicht einschüchtern lassen, die weiter für ihr gutes Recht kämpfen.
Von diesem CSD in Berlin geht eine klare Botschaft der Solidarität aus,
nach Warschau, nach Krakau, nach Gdansk. Die Botschaft lautet: Ihr seid
nicht allein.
Gemeinsam sagen wir in Polen und in Deutschland:
Nie dla dyskryminacji ! Niiä dla diskriminazi
Nein zu Diskriminierung!
Chcemy równych praw ! Chrtschemi rovnierch prav
Wir wollen gleiche Rechte!
Für gleiche Rechte müssen wir auch in Deutschland weiter kämpfen.
Immer wieder bekomme ich zu hören:
Die Homosexuellen haben es jetzt doch gut. Was wollen die noch?
Manche sagen: Wir haben so große Probleme in Deutschland. Jetzt ist doch
nicht der richtige Zeitpunkt für Homokram!
Ich dagegen finde: Für die Beseitigung von Diskriminierung, für den Ausbau
von Gleichberechtigung ist immer der richtige Zeitpunkt.
Aber kaum hat die Koalition angekündigt, das Lebenspartnerschaftsgesetz zu
verbessern, melden die Landesjustizminister der CDU/CSU bereits
reihenweise ihren Widerstand an.
Bayerns Justizministerin erklärte, die rot-grünen Pläne seien gegen die
Werteordnung und gegen die Familie gerichtet. Diese Gegenüberstellung –
hier Homosexuelle und dort Familie – ist nicht nur falsch, sondern
regelrecht perfide.
Wir wissen es ganz offiziell vom Statistischen Bundesamt: In jeder
sechsten gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft wachsen Kinder auf.
Auch das sind Familien.
Auch unsere Kinder haben einen Anspruch auf eine umfassende rechtliche
Absicherung.
Sie dürfen finanziell und rechtlich nicht länger schlechter gestellt
werden.
Wir wollen die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft in den Bereichen
vorantreiben, in denen die Zustimmung des Bundesrates nicht nötig ist:
Beim Adoptionsrecht, im Güterrecht und vielem mehr. Und wir fordern
natürlich die Gleichstellung bei der Rente.
Als zweiten Schritt werden wir im Herbst einen neuen Anlauf in Richtung
Bundesrat starten. Wir wollen auch die Gleichberechtigung im Steuerrecht.
Gleiche Pflichten und gleiche Rechte – nur das ist fair.
Wenn die Mehrheit im Bundesrat weiter darauf beharrt, Lebenspartner, die
lebenslang füreinander gesorgt haben, bei der Erbschaftssteuer wie Fremde
zu behandeln,
dann ist das Diskriminierung über den Tod hinaus. Was hat das mit
christlicher Politik zu tun?
Nein zur Diskriminierung!
Nie dla dyskryminacji ! Niiä dla diskriminazi
Das gilt für Warschau. Das gilt genauso für Berlin.
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Informationen aus dem Büro Volker Beck, MdB,
Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN
Bundestagsbüro Berlin
Adresse: Volker Beck, MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Telefon: 030 / 227 - 71511
Telefax: 030 / 227 - 76880
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