16.07.2004Erstmals
internationales Workcamp
zur nationalsozialistischen Verfolgung Homosexueller
in einer Gedenkstätte
"Die guten Ergebnisse lassen auf weitere Workcamps
hoffen!"
LSVD fordert Übersetzung der neueren Forschungsergebnisse
Zum ersten Mal findet derzeit (noch bis zum 17. Juli 2004) in der
Gedenkstätte Sachsenhausen ein internationales Workcamp, statt, dessen
Teilnehmer sich mit der Verfolgung Homosexueller durch die
Nationalsozialisten auseinandersetzen. Am letzten Arbeitstag des Workcamps
besuchte Eberhard Zastrau, Mitglied des Internationalen Beirats der
Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Vertreter des Lesben- und
Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD), die Gruppe.
Zastrau dankte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die engagierte
Auseinandersetzung mit einem noch immer in weiten Teilen der Welt
vorurteilsbeladenen Thema. "Gerade die Verfolgung, der Homosexuelle in der
Nazizeit ausgesetzt waren, zeigt auf, wohin Vorurteile eine Gesellschaft
treiben können," erklärte Zastrau: "Ich freue mich sehr, dass hier zum
ersten Mal in einer Gedenkstätte an die NS-Verbrechen dieses Thema zum
Inhalt eines internationalen Workcamps gemacht worden ist. Gerade die
Beteiligung von jungen Menschen aus Osteuropa ist ein gutes Zeichen, denn
in vielen Staaten Osteuropas gilt Homosexualität noch immer als
Tabuthema."
Besonderer Dank gelte der Aktion Sühnezeichen - Friedensdienste (ASF), die
die Workcamps organisiere. Zastrau weiter: "Die Arbeitsergebnisse des
Workcamps zeugen von einer intensiven und sehr erfolgreichen
Auseinandersetzung mit dem Thema. Sie lassen mich hoffen, dass weitere
Workcamps - auch in den anderen Gedenkstätten - sich mit dem Schicksal der
Rosa-Winkel-Häftlinge auseinandersetzen werden."
Der Workcamp ist möglich geworden, da Sachsenhausen inzwischen die
Gedenkstätte ist, in der die Verfolgung homosexueller Männer besonders gut
dokumentiert ist.
Das ist der jahrelangen Forschungsarbeit von Joachim Müller, Andreas
Sternweiler, Fred Brade und Andreas Pretzel zu verdanken. Das Interesse an
diesem Thema seitens der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeige
zugleich, dass es dringend nötig ist, die bisherigen Forschungsergebnisse
auch in anderen Sprachen zu veröffentlichen, damit künftige Workcamps auch
mit Teilnehmern stattfinden können, deren deusche Sprachkenntnisse nicht
so gut sind.
Angesichts der Tatsache, dass die bisherigen Forschungsergebnisse weit
überwiegend neben der etablierten Geschichtswisenschaft zusammengetragen
wurden und damit eben auch weitgehend ohne finanzielle Förderung, sind
daher die Forschungsinstitutionen gefordert, nun endlich die neueren
deutschen Forschungsergebnisse durch die Veröffentlichung von
Übersetzungen auch international diskursfähig zu machen, forderte Zastrau.
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