31.07.2004Nicht mit den
Genitalien denken!
Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der
Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt:
Dem neuen Dokument des Vatikan gelingt es nicht zu verschleiern, dass sich
die Kirche in unserem Jahrhundert nicht zu recht findet.
Die katholische Kirche schafft es immer noch nicht, die Gleichheit der
Geschlechter anzunehmen und vor dem kanonischen Recht zu formulieren. Sie
hat nach wie vor keine zeitgemäße Sexualmoral. Sie überbetont zu sehr „die
leibliche Verschiedenheit, Geschlecht.“ In Rom wird zu viel mit den und an
die Genitalien gedacht!
In der Kirche führt die Überbetonung der Verschiedenheit der Geschlechter
immer noch dazu, dass Frauen keinen Zugang zum Priesteramt haben. Und auch
der vom Heiligen Stuhl proklamierte „Genius der Frau“, die „Fähigkeit für
die anderen“, führt die Frau - auch in diesem Papier im Gegensatz zum Mann
- geradewegs zurück an Herd und fest in die Familie. Der Mann, der sich um
die Familie kümmert, bleibt weiter ungedacht.
„Da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist
nicht Mann noch Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus,“ an
dieser befreienden Perspektive des Galaterbriefes geht die Erklärung der
Glaubenskongregation vorbei. Sie sperrt die Menschen weiter in die
Geschlechterkategorien ein, die sie auch zu Herrschaftsausübung in der
Männerkirche benötigt.
Das Vatikan-Papier zeigt auch, dass die katholische Kirche den Sinn der
Gleichheit in den demokratischen Verfassungsstaaten nicht verstanden hat.
Gleichheit vor dem Gesetz, gleiche Bildungs- und Aufstiegschancen sind
gerade die Voraussetzung einer Freiheit zur Verschiedenheit. Nur wenn
Eigenarten keine Benachteiligungen mit sich bringen, hat auch die Freiheit
eine Chance, sich frei zu entfalten.
Ratzinger erkennt richtig, dass der Feminismus viel für die Gleichstellung
von Homosexualität und Heterosexualität getan hat. Er hat das sexuelle
Selbstbestimmungsrecht gegen die Herrschaft des Mannes in der Sexualität
innerhalb und außerhalb der Ehe formuliert. Hier hätte die Kirche manches
zu lernen.
St. Pölten ist Menetekel für eine Sexualmoral, die die Menschen
überfordert.
Die Absage an Homosexualität, voreheliche Sexualität, Masturbation und
Empfängnisverhütung stellt eben nicht den Respekt vor dem sexuellen
Selbstbestimmungsrecht in den Mittelpunkt, sondern eine Moral, die
Sexualität nur mit dem Ziel der Fortpflanzung kennt und die Gabe der
Sexualität zurückweist. Zwischen sexuellen Übergriffen und Übertretungen
der Sexualvorstellungen wird nicht scharf genug differenziert.
Auf einen Wandel der Haltung zur Homosexualität kann erst gehofft werden,
wenn Frauenordination möglich und das zwangsweise Zölibat der Priester
überwunden ist. Bis dahin wird Sexualität und somit auch Homosexualität
immer als Bedrohung erlebt werden.
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++++ Informationen aus dem Büro Volker Beck,
MdB, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN++++
Bundestagsbüro Berlin
Adresse: Volker Beck, MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Telefon: 030 / 227 - 71511
Telefax: 030 / 227 - 76880
Und hier geht es zum "SCHREIBEN
AN DIE BISCHÖFE DER KATHOLISCHEN KIRCHE ÜBER DIE ZUSAMMENARBEIT VON MANN
UND FRAU IN DER KIRCHE UND IN DER WELT" vom 31.05.2004.
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