15.10.2004
„Schulpflicht wird ausgehöhlt“
LSVD: Keine Befreiungen vom Sexualkundeunterricht
Zur Ankündigung von Schulsenator Klaus Böger, die Schulen über die Teilnahme am Sexualkundeunterricht in jedem „Einzelfall“ gesondert entscheiden zu lassen, erklärt Bali Saygili, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg:
Der LSVD fordert Schulsenator Böger auf, die Schulpflicht beim Sexualkundeunterricht durchzusetzen. An vielen Berliner Schulen wird geduldet, dass insb. muslimische Mädchen an Teilen des Sexualkundeunterrichts wie der Vorführung von Aufklärungsfilmen nicht teilnehmen. Nach einer Antwort Bögers auf eine kleine Anfrage des Abgeordneten Sascha Steuer (CDU) soll über Befreiungsanträge vom Sexualkundeunterricht künftig in jedem „Einzelfall“ gesondert entschieden werden. Damit wird die Schulpflicht ausgehöhlt!
Der LSVD erinnert daran, dass Befreiungen vom Sexualkundeunterricht nicht rechtmäßig sind. Erst am 12. Januar hatte das Hamburger Verwaltungsgericht entschieden, dass die Teilnahme am schulischen Sexualkundeunterricht Pflicht ist. Eine Befreiung könne es nicht geben, weil – in einer Formulierung des Bundesverfassungsgerichts – die "Kenntnis der menschlichen Sexualität (…) als Voraussetzung für ein verantwortungsbewusstes Verhalten sich selbst, dem Partner, der Familie und der Gesellschaft gegenüber angesehen werden (kann)".
Die Teilnahme am Sexualkundeunterricht ist deswegen so bedeutsam, weil hier Vorurteile gegenüber Schwulen und Lesben abgebaut und Toleranz eingeübt werden. Um der verbreiteten Homosexuellenfeindlichkeit wirksam zu begegnen, ist der Sexualkundeunterricht unverzichtbar.
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