News vom 11.11.04:
Traurige Mainzer Narrenposse
Transsexueller aus Mombacher Prinzengarde
ausgeschlossen
von Jürgen Friedenberg
Mainz, traditionell Hochburg einer "Fassenacht", die
angeblich allen wohl und keinem weh tun will, erlebt diesmal einen
traurigen Saisonauftakt: vor dem Mainzer Amtsgericht muss sich ein
Transsexueller gegen seinen Ausschluss aus der Mombacher
Prinzengarde wehren. Für ihn und seine Eltern, allesamt langjährige
Fastnachter in der populären närrischen Korporation, steht fest: Der
Vorstand dulde keine Transsexuellen in seinem Verein. Einem
Dutzend Sympathisanten erging es ebenso.
Die Vorgeschichte: Solange Justin D. (20) noch Stephanie hieß und
im Trommlercorps der Prinzengarde brav die Trommelstöcke rührte, war
die närrische Welt in Mainz noch in Ordnung. Als das Mädchen jedoch
seine Geschlechtsumwandlung betrieb und im Januar 2003 den Wunsch äußerte,
nur noch in Männeruniform aufzutreten, war der Spaß aus. Der
Vereinsvorstand lehnte das ab - "wir sind schließlich kein
Lesben- und Schwulenverein", wurde Stephanies Mutter bedeutet
- und ließ sich die Rechtmäßigkeit seines Verbots sogar
gerichtlich bestätigen. Daraufhin wurde er von dem frustrierten
Mitglied brieflich hart
angegangen und nahm dies nun offiziell zum Anlass, um Stephanie
"wegen vereinsschädigenden Verhaltens" und "Lähmung der
Kampagnenfähigkeit" aus der Prinzengarde auszuschließen.
Während der Fastnachtskampagne 2004 gab es dann bei einer
"Amazonen-Sitzung" eine heftige
Auseinandersetzung mit dem Vorstand, während der Stephanie einem
Vorstandsmitglied ein Glas Bier über die Hose gegossen haben soll.
Seither kam es wiederholt zu Äußerungen, die von beiden Seiten
jeweils als beleidigend empfunden wurden. Ganz schlimm: am
Rosenmontag 2004 soll der damals noch amtierende zweite
Vereinsvorsitzende dem inzwischen rechtsgültig Justin heißenden jungen
Mann ins Gesicht gesagt haben: "So etwas wie Du, das ist doch kein
Mensch." (!) Trotz alledem wollen Justin und seine Eltern
ihrer Prinzengarde treu bleiben: "Das ist mein Zuhause, da habe
ich meine Freunde." Ob der junge Transsexuelle das darf, wird das
Gericht wahrscheinlich noch im Dezember entscheiden.
Möglich, dass die traurige Mainzer Narrenposse auch politisch
Wellen schlägt. Immerhin wählt die rheinland-pfälzische
Metropole am 21. November den Oberbürgermeister, und der
Amtsinhaber und aussichtsreichste Kandidat Jens Beutel (SPD), früher
selber Richter, dürfte die Brisanz dieser Auseinandersetzung
im Mainzer Arbeiterbezirk Mombach und darüber hinaus wohl
einzuschätzen wissen.
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