Die Familienpolitik der CDU ist weltfremd und verlogen

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Zum Auftakt der Aktion "Wer ist Familie?" erklären Halina Bendkowski und Michael Schmidt vom Bundesvorstand des LSVD:

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert die CDU-Vorsitzende Angela Merkel persönlich auf, die Unionskampagne gegen die rechtliche Anerkennung schwuler und lesbischer Lebensgemeinschaften einzustellen.

Mit der Aktion "Wer ist Familie?" machen wir klar: Schwule und Lesben wehren sich gegen Ausgrenzung und Diffamierung aus dem Unionslager. Wir wehren uns dagegen, dass unsere Lebensgemeinschaften als minderwertig dargestellt werden, dass wir als nicht für würdig befunden werden, eine rechtliche Bindung einzugehen.

Die CDU/CSU führt derzeit einen Kreuzzug gegen die Rechte von Lesben und Schwulen. Sie boykottiert im Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat alle Gespräche zur Lebenspartnerschaft. Anstatt sich am normalen parlamentarischen Verfahren zu beteiligen, schreit die CDU/CSU lieber nach dem Bundesverfassungsgericht. Offensichtlich mit Segen von Frau Merkel haben die Landesregierungen von Sachsen, Thüringen und Bayern angekündigt, eine Normenkontrollklage gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz einzureichen. Frau Merkel schreibt in einem programmatischen Artikel zur Familienpolitik, es widerspreche der Verfassung, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften rechtlich auf eine Stufe mit der Familie zu stellen, denn dies trübe das Bewusstsein dafür, dass die Familien die tragenden Säulen unsere Gesellschaft sind (Die Welt, 3.4.01).

Mit unserer Plakat- Aktion "Wer ist Familie?" zeigen wir auf: Die Verhältnisse sind nicht so schwarz-weiß, wie sie Frau Merkel malt. Viele Ehen sind kinderlos. In vielen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften wachsen Kinder auf. Lesbische und schwule Paare tragen Verantwortung für die Erziehung und das Wohlergehen von Kindern. Auch hier wird Familie gelebt. Es ist eine Unverschämtheit, dass Frau Merkel Familien mit homosexuellen Eltern ganz einfach aus ihren Familienbegriff ausgrenzt. Genauso unverschämt ist es, wenn die CDU/CSU die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften als Anschlag auf Ehe und Familie diffamiert. Wer so auf den Gefühlen von Schwulen und Lesben, ihren Eltern und Angehörigen herumtrampelt, braucht sich nicht zu wundern, wenn nun eine scharfer Ton zurückkommt.

Frau Merkel hat im Dezember 1998 zum zweiten Mal geheiratet, "aus praktischen Gründen", wie sie sagt. Daran ist natürlich absolut nichts zu kritisieren. Im Gegenteil, Frau Merkel hat selbstverständlich alles Recht der Welt, eine Ehe einzugehen, auch wenn diese ganz offensichtlich nicht auf Kinder angelegt ist. Sie hat aber kein Recht, Schwulen und Lesben den Gang zum Standesamt zu verweigern. Genauso wenig wie Frau Merkels Ehe nimmt die Eingetragene Lebenspartnerschaft irgend jemanden etwas weg. Sie schadet weder Ehe noch Familie. Sie unterstützt vielmehr Menschen, die füreinander einstehen und Verantwortung übernehmen, sie stärkt damit den Familiengedanken.

Geht es nach Frau Merkel, genießt ihre Ehe selbstverständlich Schutz und Förderung des Staates. Ein Lesben-Paar mit vier Kindern hingegen soll rechtlos bleiben. Das ist einfach nur scheinheilig. Wir meinen: "Geist und Buchstaben unserer Verfassung", die Frau Merkel und die Union so gerne bemühen, schützen alle Kinder, egal, ob sie heterosexuelle oder homosexuelle Eltern haben.

Verlogen sind auch die Lippenbekenntnisse der CDU/CSU, man wolle ja niemanden diskriminieren. Was anderes als Diskriminierung ist es, wenn unsere Lebensgemeinschaften rechtlos gehalten werden. Mit unserer Aktion "Wer ist Familie?" fordern wir die CDU auf, weder die Verfassung noch das Bundesverfassungsgericht für ihre parteitaktischen Spielchen zu missbrauchen. Mit ihrer derzeitigen Familienpolitik ist die CDU keineswegs "mitten im Leben", sondern ziemlich daneben. Eine moderne, sach- und zeitgemäße Familienpolitik besteht darin, Verantwortungsgemeinschaften zu stärken, Diskriminierungen abzubauen und alle Familien mit Kindern zu schützen und zu fördern. Das Plakatmotiv der Aktion "Wer ist Familie?" kann im Internet unter der Webseite http://www.lsvd.de/presse/merkel01.html heruntergeladen werden.