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Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode

Drucksache 14/9218

04.06.2000

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Alfred Hartenbach, Margot von Renesse, Hermann Bachmaier, Dr. Hans-Peter Bartels, Anni Brandt-Elsweier, Dieter Dzewas, Hans Forster, Arne Fuhrmann, Renate Gradistanac, Angelika Graf (Rosenheim), Kerstin Griese, Hans-Joachim Hacker, Christel Humme, Christine Lambrecht, Christine Lehder, Gabriele Lösekrug-Möller, Winfried Mante, Dirk Manzewski, Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Christel Riemann-Hanewinckel, Marlene Rupprecht, Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Richard Schuhmann (Delitzsch), Erika Simm, Rolf Stöcke), Joachim Stünker, Hedi Wegener, Hanna Wolf (München), Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD

sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Hans-Christian Ströbele, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer "Magnus-Hirschfeld-Stiftung"

A. Problem

Homosexuelle waren im Nationalsozialismus schweren Verfolgungen ausgesetzt. Bei den Verfolgungsmaßnahmen handelte sich um typisches nationalsozialistisches Unrecht. Zur nationalsozialistischen Homosexuellen-Verfolgung zählte auch die Zerschlagung der schwulen und lesbischen Infrastruktur, für die es bislang keinen Ausgleich gab.

B. Lösung

Der Entwurf schlägt die Errichtung einer "Magnus-Hirschfeld-Stiftung" vor. Dadurch soll im Sinne eines kollektiven Ausgleichs das von den Nationalsozialisten an den Homosexuellen verübte Unrecht anerkannt und die homosexuelle Bürger- und Menschenrechtsarbeit gefördert werden.

Der Entwurf sieht vor, die "Magnus-Hirschfeld-Stiftung" als bundesunmittelbare rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin zu errichten. Die Stiftung soll nach dem Berliner Arzt und Sexualwissenschaftler Dr. Magnus Hirschfeld (1868 bis 1935) benannt werden, der neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit auch als Streiter für die Rechte der Homosexuellen hervorgetreten ist.

Zweck der Stiftung soll es sein, homosexuelles Leben im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wissenschaftlich zu erforschen und darzustellen, die nationalsozialistische Verfolgung Homosexueller in Erinnerung zu halten, durch Öffentlichkeitsarbeit einer gesellschaftlichen Diskriminierung homosexueller Männer und Frauen in Deutschland entgegenzuwirken, Bürgerrechtsarbeit zu fördern, Menschenrechtsarbeit im Ausland zu unterstützen sowie das Gedenken an Leben und Werk Magnus Hirschfelds zu pflegen.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten der öffentlichen Haushalte

Durch das Gesetz wird der Bundeshaushalt in den Jahren 2003 bis 2006 mit jeweils 3,75 Mio. Euro belastet.

E. Sonstige Kosten

Keine. Auswirkungen des Gesetzentwurfs auf die Einzelpreise und auf das Preisniveau sind nicht zu erwarten.


Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer "Magnus-Hirschfeld-Stiftung"

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1
Errichtung und Sitz

(1) Unter dem Namen "Magnus-Hirschfeld-Stiftung" wird eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts errichtet. Die Stiftung entsteht mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes.

(2) Der Sitz der Stiftung ist Berlin.

§ 2
Stiftungszweck

Zweck der Stiftung ist es, homosexuelles Leben im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wissenschaftlich zu erforschen und darzustellen, die nationalsozialistische Verfolgung Homosexueller in Erinnerung zu halten, durch Öffentlichkeitsarbeit einer gesellschaftlichen Diskriminierung homosexueller Männer und Frauen in Deutschland entgegenzuwirken, Bürgerrechtsarbeit zu fördern, Menschenrechtsarbeit im Ausland zu unterstützen sowie das Gedenken an Leben und Werk Magnus Hirschfelds zu pflegen.

§ 3
Stiftungsvermögen

(1) Die Stiftung wird einmalig mit einem Stiftungsvermögen in Höhe von 15 Millionen Euro ausgestattet.

(2) Das Stiftungsvermögen wird vom Bund in vier Teilbeträgen von 3,75 Millionen Euro pro Jahr ab 2003 eingebracht.

(3) Die Stiftung ist berechtigt, Zuwendungen von dritter Seite anzunehmen.

(4) Im Jahre 2003 können bis zu 3 vom Hundert des Stiftungsvermögens gemäß Absatz 1 für laufende Ausgaben verwendet werden. Im Übrigen ist das Stiftungsvermögen zur dauerhaften Erfüllung des Stiftungszwecks zu erhalten. Erträge des Stiftungsvermögens und sonstige Einnahmen sind nur im Sinne des Stiftungszwecks zu verwenden.

§ 4
Organe der Stiftung

Organe der Stiftung sind

  1. das Kuratorium,
     
  2. der Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäftsführerin.

Das Kuratorium kann Fachbeiräte berufen.

§ 5
Kuratorium

(1) In das Kuratorium entsenden:

  1. die im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen pro angefangene 150 Mitglieder je ein Mitglied,
     
  2. das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zwei Mitglieder,
     
  3. der Fachverband Homosexualität und Geschichte e. V. ein Mitglied,
     
  4. die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e. V. ein Mitglied,
     
  5. der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland e. V. zwei Mitglieder,
     
  6. die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche e. V. ein Mitglied,
     
  7. der Lesbenring e. V. ein Mitglied,
     
  8. der Bundesverband der Eltern, Freunde und Angehörigen von Homosexuellen e. V. ein Mitglied,
     
  9. die International Gay and Lesbian Association (ILGA) Europe zwei Mitglieder.

(2) Die entsendenden Stellen können die von ihnen entsandten Mitglieder abberufen und durch neue Mitglieder ersetzen.

(3) Für jedes Mitglied kann von der entsendenden Stelle in gleicher Weise ein Stellvertreter beziehungsweise eine Stellvertreterin berufen werden. Teilnahmeberechtigt an den Kuratoriumssitzungen ist jeweils nur der Kurator oder sein Stellvertreter.

(4) Die Entsendung und Abberufung der Mitglieder und ihrer Stellvertreter ist dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend anzuzeigen. Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit einer Entsendung oder Abberufung von Kuratoriumsmitgliedern entscheidet das Ministerium durch Verwaltungsakt. Hiergegen ist innerhalb eines Monats unmittelbar Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin zulässig. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. § 80 Abs. 5 VwGO findet entsprechende Anwendung.

(5) Das Kuratorium wählt mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder aus seiner Mitte einen Vorsitzenden beziehungsweise eine Vorsitzende sowie einen stellvertretenden Vorsitzenden beziehungsweise eine stellvertretende Vorsitzende. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre. Die Wiederwahl ist zulässig. Eine Abwahl ist mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Kuratoriums möglich. Scheidet der Vorsitzende beziehungsweise die Vorsitzende nach § 5 Abs. 2 aus dem Kuratorium aus, verliert er beziehungsweise sie den Vorsitz.

(6) Das Kuratorium entscheidet in allen Angelegenheiten, die für die Stiftung und ihre Entwicklung von grundsätzlicher und besonderer Bedeutung sind. Dazu gehören insbesondere die Grundzüge der Vergabe der Stiftungsmittel und der Förderung von Projekten, die Grundsätze der Vermögensverwaltung, der Haushaltsplan sowie Personalentscheidungen. Das Kuratorium, kann sich weitere Entscheidungen vorbehalten. Es kann Personalentscheidungen auf den Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführerin übertragen. Das Kuratorium überwacht die Tätigkeit des Geschäftsführers oder der Geschäftsführerin.

(7) Das Kuratorium fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes vorgesehen ist. Abstimmungsberechtigt sind nur anwesende Kuratoren beziehungsweise deren Vertreter. Außer in den Fällen, in denen eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Kuratoriums erforderlich ist, kann eine Beschlussfassung im schriftlichen oder fernschriftlichen Umlaufverfahren erfolgen, sofern nicht mindestens ein Viertel der Kuratoriumsmitglieder widersprechen, und sich mindestens zwei Drittel der Mitglieder an der Abstimmung beteiligen.

(8) Die Mitglieder des Kuratoriums sind ehrenamtlich tätig. Die Erstattung von Reisekosten und sonstigen Auslagen richten sich nach Maßgabe der Richtlinien des Bundes für die Abfindung der Mitglieder von Beiräten, Ausschüssen, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen im Bereich des Bundes in der Fassung vom 31. Oktober 2001 (GMBl. 2002, S. 89).

(9) Das Nähere regelt die Satzung.

§ 6
Geschäftsführer oder Geschäftsführerin

(1) Der Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäftsführerin wird vom Kuratorium mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder berufen. Das Kuratorium kann den Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäftsführerin mit einer Mehrheit von zwei Dritteln abberufen. Die Vertretung des Geschäftsführers beziehungsweise der Geschäftsführerin regelt die Satzung.

(2) Der Geschäftsführer beziehungsweise die Geschäftsführerin führt die Geschäfte der Stiftung. Er beziehungsweise sie entscheidet in allen Angelegenheiten der Stiftung, soweit dafür nicht das Kuratorium zuständig ist oder sich eine Entscheidung vorbehalten hat. Er beziehungsweise sie vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich.

§ 7
Satzung

(1) Die Stiftung gibt sich eine Satzung, die vom Kuratorium mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschlossen wird. Änderungen der Satzung bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Kuratoriums.

(2) Die Satzung sowie Änderungen der Satzung bedürfen der Zustimmung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

§ 8
Aufsicht, Haushalt, Rechnungsprüfung

(1) Die Stiftung untersteht der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Dieses beruft auch das Kuratorium zu seiner ersten Sitzung ein und führt die Geschäfte bis zur ersten Wahl eines Geschäftsführers beziehungsweise einer Geschäftsführerin.

(2) Die Stiftung hat rechtzeitig vor Beginn eines jeden Geschäftsjahres einen Haushaltsplan aufzustellen. Der Haushaltsplan bedarf der Genehmigung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

(3) Für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen sowie für die Rechnungslegung der Stiftung finden die für die unmittelbare Bundesverwaltung geltenden Bestimmungen entsprechende Anwendung. Die Haushalts- und die Wirtschaftsführung der Stiftung unterliegen der Prüfung durch den Bundesrechnungshof.

§ 9
Beschäftigte

Für Beschäftigte der Stiftung sind die für Beschäftigte des Bundes geltenden arbeits- und tarifrechtlichen Bestimmungen entsprechend anzuwenden.

§ 10
Tätigkeitsbericht

Die Stiftung legt jährlich einen Bericht über ihre bisherige Tätigkeit und ihre Vorhaben vor.

§ 11
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2003, frühestens am Tag nach seiner Verkündung, in Kraft.

Berlin, den 4. Juni 2002

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion
Begründung


A. Allgemeines

Am 7. Dezember 2000 verabschiedete der Deutsche Bundestag einstimmig eine Erklärung, die u. a. klarstellte, dass es sich bei der Verfolgung von Homosexuellen während des Nationalsozialismus um typisches nationalsozialistisches Unrecht gehandelt hat (Bundestagsdrucksache 14/4894).

Zur nationalsozialistischen Homosexuellen-Verfolgung zählte auch die Zerschlagung der schwulen und lesbischen Infrastruktur. Durch die Gründung der "Magnus-Hirschfeld-Stiftung" soll nunmehr im Sinne eines kollektiven Ausgleichs das von den Nationalsozialisten an den Homosexuellen verübte Unrecht anerkannt und die homosexuelle Bürger- und Menschenrechtsarbeit gefördert werden.

Die Stiftung ist nach dem Berliner Arzt und Sexualwissenschaftler Dr. Magnus Hirschfeld (1868 bis 1935) benannt. Er war einer der ersten, der das homosexuelle Leben erforscht und dokumentiert hat. Als Begründer und langjähriger Vorsitzender der weltweit ersten Vereinigung für die Rechte der Homosexuellen hat er sich in Wort und Tat gegen Vorurteile sowie gegen Diskriminierung und Verfolgung eingesetzt. Hirschfelds Einfluss reichte weit über Deutschlands Grenzen hinaus. Sein Leben und seine Arbeit sollen historisch untersucht und im Bewusstsein der Öffentlichkeit wachgehalten werden.

Organisationen wie die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft oder der Lesben- und Schwulenverband engagieren sich seit langem für die Errichtung einer Stiftung, die Hirschfelds Namen trägt.

Eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit gewährleistet durch ihre Selbstständigkeit eine unabhängige Arbeit. Durch die Rechtsform der Stiftung ist es möglich, in das leitende Entscheidungsgremium, das Kuratorium, Vertreter verschiedener Gruppen zu integrieren. Schließlich ermöglicht die Rechtsform der Stiftung private Zustiftungen.

Der Stiftungszweck wird zu einem Teil, soweit es um die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Homosexuellenverfolgung geht, historisch orientiert, zu seinem überwiegenden Teil (Gleichstellung homosexueller Männer und Frauen, Menschenrechtsarbeit) aber zukunftsgerichtet sein. Das Stiftungsvermögen beträgt 15 Mio. Euro. Im Kuratorium werden neben Vertretern der Fraktionen des Deutschen Bundestages und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterschiedliche Verbände und Organisationen und damit ein breites Spektrum von Meinungen und Interessen vertreten sein. Die ordnungsgemäße Arbeit wird durch die Rechtsaufsicht des Bundes und die Prüfungsmöglichkeit durch den Bundesrechnungshof gewährleistet.

Durch das Gesetz wird der Bundeshaushalt, verteilt auf vier Jahre, mit insgesamt 15 Mio. Euro belastet. Sonstige Kosten entstehen nicht. Auswirkungen des Gesetzentwurfs auf die Einzelpreise und auf das Preisniveau sind nicht zu erwarten.


B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu § 1

Die Vorschrift sieht vor, dass der Bund die "Magnus-Hirschfeld-Stiftung" als bundesunmittelbare rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin errichtet.

Zu § 2

Der Zweck der Stiftung ist ein dreifacher: Ein Schwerpunkt soll die weitere Aufarbeitung der nationalsozialistischen Homosexuellenverfolgung und des späteren Umgangs mit den Opfern sein. Das Ausmaß der Verbrechen der Nationalsozialisten in diesem Bereich soll mehr als bisher öffentlich dokumentiert und wahrgenommen werden. Hierzu kann die Stiftung z. B. Archive und wissenschaftliche Forschungsprojekte fördern, an das Lebenswerk von Magnus Hirschfeld anknüpfen und die Erinnerung hieran wachhalten.

Daneben soll sich die Stiftung für die weitere Gleichstellung Homosexueller in der heutigen Gesellschaft einsetzen und gesellschaftlicher Diskriminierung entgegenwirken. Hierzu kann sie insbesondere durch Öffentlichkeitsarbeit, eigene wissenschaftliche Forschungsprojekte und die Unterstützung entsprechender Projekte anderer Hilfe bei der Überwindung von bestehenden Vorurteilen leisten und die Bürgerrechtsarbeit fördern.

Zusätzlich soll die Stiftung Menschenrechtsarbeit im Ausland fördern. In vielen Staaten der Welt ist Homosexualität strafbar, werden Homosexuelle von staatlicher Seite offen angefeindet und verfolgt. Die Stiftung kann Hilfsprojekte, Personen oder Gruppen in diesen Staaten unterstützten.

Zu § 3

Zur Erfüllung des Stiftungszwecks wird die Stiftung einmalig mit einem Betrag in Höhe von 15 Mio. Euro aus dem Bundeshaushalt ausgestattet. Um die Belastung des Haushalts möglichst gering zu halten, wird das Stiftungsvermögen in vier Jahresraten, beginnend mit dem Jahr 2003, eingebracht.

Nach Absatz 3 kann die Stiftung Zuwendungen (Geld oder Sachzuwendungen) für ihre in § 2 genannten Zwecke von dritter Seite entgegennehmen.

Absatz 4 stellt sicher, dass das Stiftungsvermögen (Abs. 2) zur dauerhaften Erfüllung des Stiftungszwecks erhalten bleibt und Erträgnisse und Einnahme ausschließlich dem Stiftungszweck zugute kommen. Für das Jahr 2003 gilt eine Übergangsregelung, nach der bis zu 3 % des Stiftungsvermögens von 15 Mio. Euro für laufende Ausgaben verwendet werden dürfen. In den Folgejahren wird ein Teil der Erträge zur dauerhaften Sicherung des Stiftungsvermögens thesauriert werden müssen.

Zu § 4

In dieser Vorschrift werden die Stiftungsorgane abschließend benannt. Es sind dies das Kuratorium und der Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführerin. Dem Kuratorium wird es ermöglicht, zur Unterstützung seiner Arbeit auf den verschiedenen Tätigkeitsfeldern bei Bedarf Fachbeiräte zu berufen. Näheres regelt die Satzung. Weitere Organe sind nicht vorgesehen und können auch nicht durch die Satzung errichtet werden.

Zu § 5

Die Vorschriften regeln die Zusammensetzung und Aufgabenstellung des Kuratoriums.

Nach Absatz 1 werden die Kuratoren von den Fraktionen des Deutschen Bundestages, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie von 7 namentlich benannten Organisationen bestimmt und entsandt. Die von den Fraktionen entsandten Kuratoren müssen nicht Mitglied der Fraktionen sein. Nach Absatz 2 können die entsendenden Stellen die von ihnen entsandten Mitglieder jederzeit abberufen und durch neue Mitglieder ersetzen.

Nach Absatz 3 kann für jedes Mitglied ein Stellvertreter bzw. eine Stellvertreterin bestimmt werden. Er bzw. sie tritt im Vertretungsfalle an die Stelle des jeweiligen Kurators. Um die durch die Teilnahme an den Kuratoriumssitzungen entstehenden Kosten möglichst gering zu halten, wird klargestellt, dass jeweils nur der Kurator oder sein Stellvertreter zur Teilnahme an den Kuratoriumssitzungen berechtigt ist.

Die Kuratoren werden nicht ernannt. Sie erlangen ihre Rechtsstellung unmittelbar mit ihrer Entsendung, d. h. mit der Beschlussfassung der sie entsendenden Stelle. Nach welchen rechtlichen Vorgaben dieser Beschluss zu fassen ist, bestimmt sich nach dem Recht der entsendenden Stelle. Gleiches gilt für die Abberufung der Kuratoren. Wünschenswert wäre, das die entsendenden Stellen mit zwei Sitzen diese geschlechterparitätisch besetzen. Gleiches gilt für alle Organisationen bei der Benennung von Kuratoriumsmitglied und Stellvertretung.

Der in Absatz 4 vorgesehenen Anzeige der Entsendung bzw. Abberufung beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend kommt nur deklaratorische Bedeutung zu. Sie soll aber ein ordnungsgemäßes Verfahren sicherstellen. Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit einer Entsendung bzw. Abberufung entscheidet das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch Verwaltungsakt. Dieser kann innerhalb eines Monats beim VG Berlin angefochten werden. Der Klage kommt keine aufschiebende Wirkung zu; diese kann aber entsprechend § 80 Abs. 5 VwGO hergestellt werden.

Nach Absatz 5 wählt das Kuratorium aus seiner Mitte mit qualifizierter Mehrheit den bzw. die Vorsitzende sowie einen Stellvertreter bzw. eine Stellvertreterin. Die Wiederwahl ist zulässig, eine Abwahl ebenfalls. Die Wahl erfolgt für einen Zeitraum von 5 Jahren. Wird der bzw. die Vorsitzende während der Amtszeit nach Absatz 2 abberufen, verliert er bzw. sie auch den Vorsitz.

Nach Abs. 6 obliegen dem Kuratorium die Aufgaben des leitenden Organs einer Stiftung. Es entscheidet über alle Angelegenheiten, die für die Stiftung und ihre Entwicklung von grundsätzlicher und besonderer Bedeutung sind. Darüber hinaus kann es sich alle anderen Entscheidungen vorbehalten. Zudem überwacht es die Tätigkeit des Geschäftsführers bzw. der Geschäftsführerin. Personalentscheidungen trifft grundsätzlich das Kuratorium; es kann sie auf den Geschäftsführer übertragen.

Nach Absatz 7 fasst das Kuratorium seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern im Gesetz nicht eine qualifizierte Mehrheit vorgesehen ist. Das Gesetz geht davon aus, dass Beschlüsse grundsätzlich von den in einer Sitzung anwesenden Mitgliedern bzw. deren Vertretern gefasst werden. Nur diese sind abstimmungsberechtigt. Sofern nicht mindestens ein Viertel der Kuratoriumsmitglieder widerspricht und sich zudem zwei Drittel der Mitglieder an der Abstimmung beteiligen, kann eine Beschlussfassung stattdessen im schriftlichen oder fernschriftlichen Umlaufverfahren erfolgen. Dies gilt nicht für Entscheidungen, die eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder oder mehr erfordern (§ 5 Absatz 5, § 6 Absatz 1, § 7 Absatz 1).

Zu § 6

Der Geschäftsführer oder die Geschäftsführerin ist ausführendes Organ der Stiftung. Er bzw. sie führt die Geschäfte der Stiftung. Für die Berufung und Abberufung ist das Kuratorium als leitendes Organ der Stiftung zuständig.

Zu § 7

Zur Konkretisierung der gesetzlichen Bestimmungen und zur Regelung der Verfahrensabläufe innerhalb der Stiftungsorgane gibt sich die Stiftung eine Satzung. Der Erlass bzw. die Änderung der Satzung kann nur mit einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Kuratoriums und der Zustimmung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erfolgen.

Zu § 8

Für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen sowie für die Rechnungslegung gelten die für die unmittelbare Bundesverwaltung geltenden Bestimmungen entsprechend. Es sind dies vor allem die Vorschriften der BHO. Durch die Prüfung der Stiftung durch den Bundesrechnungshof soll die Beachtung dieser Vorgaben sichergestellt werden. Außerdem unterliegt die Stiftung der Rechtsaufsicht durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Zu § 9

Für die bei der Stiftung beschäftigten Angestellten und Arbeiter sind die für die Beschäftigten des Bundes geltenden arbeits- und tarifrechtlichen Bestimmungen entsprechend anzuwenden. Zur Kostenersparung ist der Personalbestand zu minimieren.

Zu § 10

Da die "Magnus-Hirschfeld-Stiftung" als Stiftung des öffentlichen Rechts errichtet wird, sollte die Öffentlichkeit über die Tätigkeit der Stiftung in regelmäßigen Abständen unterrichtet werden. Der jährlich vorzulegende Bericht ist ein wichtiger Beitrag dazu, die Arbeit der Stiftung transparent zu machen. Die Berichterstattung soll deshalb nicht nur eine Rückschau sein, sondern überdies einen Ausblick auf die weiteren Vorhaben enthalten.

Zu § 11

Die Vorschrift enthält die Inkrafttretensregelung.
 
 


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