L 9 AL 196/99 vom 08.06.2000
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
LANDESSOZIALGERICHT NORDRHEIN-WESTFALEN
Verkündet am 08.06.2000
Az.: L 9 AL 196/99 LSG NRW
Az.: S 32 AL 33/98 SG Düsseldorf
F......
Regierungsangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
..........
Kläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin .....,
gegen
Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg, vertreten durch
den Präsidenten des Landesarbeitsamtes
Nordrhein-Westfalen, Josef-Gockeln-Straße 7, 40474 Düsseldorf,
Beklagte und Berufungsklägerin,
hat der 9. Senat des Landessozialgerichts
Nordrhein-Westfalen in Essen auf die mündliche
Verhandlung vom 25. Mai 2000 durch den Vorsitzenden
Richter am Landessozialgericht M., die Richter am
Landessozialgericht K. und G. sowie die ehrenamtlichen
Richter R. und R. für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des
Sozialgerichts Düsseldorf vom 19. August 1999 geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom
2l. August 1997 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 1998 verurteilt,
dem Kläger eine bis zum 21. Dezember 2001 befristete
sowie auf den Wirtschaftszweig des Hotel- und Gaststättengewerbes
und den Bezirk des Arbeitsamtes Solingen beschränkte
Arbeitserlaubnis zu erteilen. Außerdem wird die
Beklagte verpflichtet, den Kläger unter Berücksichtigung
der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die
weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger drei Viertel der außergerichtlichen
Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer
Arbeitserlaubnis.
Der 1970 geborene Kläger ist thailändischer
Staatsangehöriger. Er lernte im April 1996 den
deutschen Lehrer A. in Thailand kennen. Es entwickelte
sich eine homosexuelle Beziehung. Im August 1996 reiste
der Kläger in das Bundesgebiet ein und lebt seitdem mit
A. in dessen Wohnung in gleichgeschlechtlicher
Gemeinschaft. Die Ausländerbehörde der Stadt Remscheid
erteilte ihm gemäß § 15 iVm § 7 Abs. l Ausländergesetz
(AuslG) eine zunächst bis zum 20.12.1999 befristete
Aufenthaltserlaubnis, die inzwischen bis zum 22.12.2001
verlängert worden ist. Grundlage für die
aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen war die
Feststellung, dass ein erhebliches privates Interesse
des Klägers an der Verwirklichung der Partnerschaft im
Bundesgebiet vorhanden ist und öffentliche Belange
nicht entgegenstehen.
Am 12.08.1997 beantragte der Kläger unter Hinweis
auf diesen Sachverhalt eine besondere Arbeitserlaubnis.
Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom
21.08.1997 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen
der allein in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 2
Abs 7 der Arbeitserlaubnisverordnung idF vom 30.09.1996
- BGBl I 1491 - (AEVO) lägen nicht vor. Die
Einbeziehung der gleichgeschlechtlichen
Lebensgemeinschaft in die Sonderregelung des Härtefalles
widerspreche dem in § 2 Abs. l AEVO zum Ausdruck
kommenden Willen des Gesetzgebers. Mit dem binnen
Monatsfrist eingelegten Widerspruch machte der Kläger
geltend, die Beklagte berücksichtige nicht die
bisherige sozialgerichtliche Rechtsprechung,
insbesondere die Urteile des Sozialgerichts Stade vom
28.10.1993 - S 6 Ar 66/93 - und des Landessozialgerichts
Sachsen vom 03.04.1997 - L 3 AL 45/96 -= InfAuslR 1997,
414, 415. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid
vom 12.02.1998 zurück:
Die vom Kläger angesprochenen gerichtlichen
Entscheidungen könnten auf den vorliegenden Fall nicht
übertragen werden, weil sie auf den jeweiligen
Einzelfall abzielten. Der Kläger habe - anders als in
dem vom Sozialgericht Stade entschiedenen Fall - nicht
nachgewiesen, dass er in seinein Heimatland wegen seiner
Homosexualität strafrechtlich verfolgt werde. Nicht zu
prüfen sei, ob ihm eine allgemeine Arbeitserlaubnis
erteilt werden könne. Einen konkreten Arbeitsplatz habe
er bisher nicht nachgewiesen.
Bereits am 28.01.1998 hatte der Kläger eine
Arbeitserlaubnis für eine hauswirtschaftliche Beschäftigung
bei seinem Lebenspartner A. beantragt. Diesen Antrag
lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.04.1998 - bestätigt
durch Widerspruchsbescheid vom 15.06.1999 - ab: Die
Voraussetzungen des § 285 Abs. l Sozialgesetzbuch -
Drittes Buch - (SGB III) seien nicht erfüllt, weil A.
sich nicht um die Besetzung der Stelle mit einem
bevorrechtigten Arbeitnehmer bemüht habe. Der
Arbeitsplatz sei zudem allein auf die Person des Klägers
zugeschnitten.
Der Kläger hat am 25.02.1998 sowie am 09.07.1998
Klagen erhoben. Er hat erneut auf die im
Widerspruchsverfahren zitierte sozialgerichtliche
Rechtsprechung sowie auf die Urteile des Sozialgerichts
Dortmund vom 27.04.1998 - S 33 (6) Ar 226/97 und des
Sozialgerichts Hamburg vom 17.05.1998 - S 7 AL 1487/88 -
Bezug genommen und beantragt, die Beklagte zu
verurteilen, ihm eine Arbeitserlaubnis ohne Beschränkung
auf bestimmte Betriebe, Berufsgruppen, Wirtschaftszweige
oder –bezirke, hilfsweise, eine Arbeitserlaubnis für
die Beschäftigung als Hauswirtschafter bei zu erteilen.
Das Sozialgericht hat der Klage durch Urteil vom
16.08.1999 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem
Kläger eine Arbeitserlaubnis ohne Beschränkung auf
bestimmte Betriebe, Berufsgruppen, Wirtschaftszweige
oder -bezirke zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Anspruch ergebe sich aus § 285 Abs. 2 SGB III iVm
§ l Abs. 2 der Verordnung über die Arbeitsgenehmigung
für ausländische Arbeitnehmer –
Arbeitsgenehmigungsverordnung - vom 25.09.1998, in Kraft
getreten am 17.09.1998 - BGBl I 2899 -(ArGV). Diese
Vorschriften seien anzuwenden, weil bei
Verpflichtungsklagen die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich
sei. Die Versagung der Arbeitserlaubnis durch die
Beklagte bedeute unter Berücksichtigung der Verhältnisse
des Einzelfalles eine besondere Harte. Insoweit seien
die Grundsätze maßgebend, die bereits für die
deckungsgleiche Vorschrift des § 2 Abs. 7 AEVO
entwickelt worden seien. Allerdings habe die besondere
Arbeitserlaubnis früher bei Vorliegen einer besonderen
Härte erteilt werden müssen. Nunmehr stehe die
Erteilung der Arbeitserlaubnis nach § l Abs. 2 ArGV im
Ermessen der Beklagten. Die vom Kläger gewählte
rechtlich zulässige Form des Zusammenlebens in einer
homosexuellen, auf Dauer ausgerichteten
Lebensgemeinschaft stehe unter dem Schutz des Art 2 Abs.
l Grundgesetz (GG). Außerdem sei nach Art 8 Abs. l der
Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte
und Grundfreiheiten vom 04.11.1950 - BGBl II 1952, 686,
953; BGB1 II 1954, 14 - (EMRK) das Privatleben zu
achten. Danach habe der Kläger das Recht, eine seinen
Neigungen entsprechende Partnerschaft einzugehen und dürfe
in der Praktizierung nicht unangemessen benachteiligt
werden. Benachteiligt werde der Kläger bereits dadurch,
dass er sich als Homosexueller nicht auf § 2 Abs. 2
ArGV berufen könne, weil er aus rechtlichen Gründen
die Voraussetzung nicht durch Eheschließung herbeiführen
könne. Die Versagung der Arbeitserlaubnis bringe neben
der Benachteiligung, die sich aus der zulässigen
Privilegierung der Ehe nach Art 6 Abs. l GG ergebe, auch
Nachteile steuerlicher oder finanzieller Art mit sich,
die sich auf die Lebensführung und die Ausgestaltung
der Partnerschaft gravierend auswirkten. Der Ausübung
einer Berufstätigkeit komme in der Gesellschaft ein
besonders hoher Stellenwert zu. Der Kläger könne nicht
darauf hingewiesen werden, die Partnerschaft in seiner
Heimat zu realisieren. Der Lebenspartner A. sei Lehrer
und Beamter auf Lebenszeit. Er könne in Thailand seinen
Beruf nicht ausüben. Obwohl die Erteilung der
Arbeitserlaubnis jetzt im Ermessen der Beklagten stehe,
habe der Kläger einen Rechtsanspruch darauf. Das
Ermessen sei auf Null reduziert, weil die besondere
Arbeitserlaubnis nach früherem Recht in einem solchen
Fall ohne weiteres habe erteilt werden müssen. Insoweit
verfahre die Beklagte ermessensfehlerhaft, wenn sie
diesen Umstand nunmehr unberücksichtigt lasse.
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Die Beklagte hat gegen das ihr am 08.11.1999
zugestellte Urteil am 03.12.1999 Berufung eingelegt und
vorgetragen, auch unter Berücksichtigung der Umstände
des Einzelfalles sei die Arbeitserlaubnis nicht zu
erteilen. § l Abs. 2 ArGV sei als Ausnahmevorschrift
eng auszulegen. Es sei nicht erheblich, dass der Kläger
in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebe, denn
diese könne auch unter Härtegesichts punkten nicht der
familiären Lebensgemeinschaft gleichgesetzt werden. Es
sei gesetzessystematisch bedenklich, über die Härteklausel
des § l Abs. 2 ArGV eine Ausnahme von § 2 Abs. 2 ArGV
zu ermöglichen. Bei der Prüfung der Härte dürfe
nicht darauf abgestellt werden, dass der Ausübung der
Berufstätigkeit ein hoher Stellenwert zukomme. Insoweit
unterscheide sich die Situation des Klägers nicht von
den Gegebenheiten in einer verschiedengeschlechtlichen
Lebensgemeinschaft. Auch hier gehe oftmals nur ein
Partner einer Erwerbstätigkeit nach und erwirtschafte
den Unterhalt für die Familie. Ein generelles
Arbeitsverbot sei mit der Ablehnung der Arbeitserlaubnis
für eine Tätigkeit als Hauswirtschafter nicht
verbunden gewesen.
Seit dem 27.12.1999 ist der Kläger aufgrund der ihm
erteilten Urteilsarbeitserlaubnis als Küchenhelfer für
die OK ..... GmbH im B......Motel in R. beschäftigt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom
19.08.1999 zu ändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
Beweis zu erheben über die Anzahl der
bevorrechtigten arbeitslosen Arbeitnehmer, die für
eine Beschäftigung als Küchenhelfer bei der OK
....... GmbH in Betracht kommen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom
19.08,1999 insoweit abzuändern, als ihm eine
Arbeitserlaubnis für den Wirtschaftszweig des
Hotel- und Gaststättengewerbes zu erteilen ist,
weiter hilfsweise,
ihm eine Arbeitserlaubnis für eine Tätigkeit
bei dem Arbeitgeber OK ..... GmbH zu erteilen.
Er ist der Ansicht, seine gleichgeschlechtliche
Beziehung stehe, auch wenn sie nicht den Schutz des Art
6 Abs. l GG genieße, unter dem Schutz des Art 2 Abs. l
GG und des Art 8 Abs. l EMRK. Bei der Härtefallprüfung
seien nach ständiger Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) die Gründe zu berücksichtigen,
die dazu führten, dass die Regelvoraussetzungen für
die Erteilung einer Arbeitserlaubnis nicht erfüllt
seien. Es sei zu prüfen, ob gerade deshalb eine Härte
vorliege. Er befinde sich in einer Sondersituation, weil
er diese Voraussetzungen nicht durch eine Eheschließung
sichern könne und er darüber hinaus zu einer kleinen
Minderheit gehöre. Der Vergleich mit der
wirtschaftlichen Situation in einer Ehe gehe fehl, weil
die Ausgestaltung der Lebensverhältnisse dort auf einer
freien Entscheidung beruhe. Im übrigen stellten sich
die bürokratischen Hemmnisse bei Bewerbungen und der
damit verbundenen Arbeitsmarktprüfung faktisch als
Arbeitsverbot dar. Das angefochtene Urteil habe es ihm
ermöglicht, eine Arbeit zu finden und auch ein
Praktikum zu absolvieren. Es sei für sein Selbstwertgefühl
- auch gegenüber seinem Partner -unverzichtbar,
arbeiten zu dürfen und den Lebensunterhalt selbst zu
erwirtschaften. Ihm jetzt die Arbeit wieder zu nehmen,
sei eine nicht mehr zu rechtfertigende Härte.
Die Arbeitgeberin des Klägers, die OK ..... GmbH in
R., hat am 20.03.2000 mitgeteilt, sie habe erhebliche
Schwierigkeiten gehabt, die Stelle eines Küchenhelfers,
die der Kläger jetzt innehabe, mit einem geeigneten
Bewerber zu besetzen. Das Landessozialgericht hat von
der Arbeitgeberin des Klägers eine ergänzende
schriftliche Auskunft zur Höhe der Entlohnung und zu
der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses
eingeholt. Auf das Antwortschreiben der OK .... GmbH vom
28.03.2000 wird Bezug genommen. Der Senat hat den in der
Westdeutschen Allgemeinen Zeitung vom 19.05.2000
enthaltenen Artikel "Im Gastgewerbe fehlt
Personal" zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die
vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
Die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der
Beklagten sowie der Ausländerbehörde der Stadt
Remscheid sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen.
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Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur zum
Teil begründet.
Das angefochtene Urteil ist zu ändern, soweit dem Kläger
eine unbeschränkte und unbefristete Arbeitserlaubnis
zuerkannt worden ist. Der Kläger hat jedoch Anspruch
auf Erteilung einer bis zum 21.12.2001 befristeten und
auf den Wirtschaftszweig des Hotel- und Gaststättengewerbes
sowie auf den Bezirk des Arbeitsamtes Solingen beschränkten
Arbeitserlaubnis. Hinsichtlich seines darüber
hinausgehenden Klagebegehrens hat er lediglich einen
Anspruch auf Neubescheidung durch die Beklagte. Im übrigen
haben Klage und Berufung keinen Erfolg.
Die Rechtsposition des Klägers bestimmt sich - wovon
das Sozialgericht zu Recht ausgegangen ist - nach der ab
01.01.1998 geltenden Rechtslage, nämlich nach den
Vorschriften der §§ 284 ff. SGB III und der am
25.09.1998 in Kraft getretenen ArGV vom 17.09.1998 (aaO).
Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, welches
Recht anzuwenden ist, ist sowohl bei Anfechtungs- und
Verpflichtungsklagen als auch bei Anfechtungs- und
Leistungsklagen grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6.
Aufl § 54 Rn 34 mwN). Unter Einbeziehung von
Sachgesichtspunkten besteht kein Anlass zu einer anderen
Beurteilung, weil sich aus der Übergangsvorschrift des
§ 432 SGB III ergibt, dass nur erteilte und damit
bestandskräftig gewordene Arbeitserlaubnisse weiter
gelten sollen und kein abgeschlossener, in der
Vergangenheit liegender Sachverhalt betroffen ist,
sondern ein Rechtsverhältnis, das über den Zeitpunkt
des dieses regelnden Verwaltungsaktes hinaus bedeutsam
ist (vgl. BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7).
Der Kläger hat zwar Anspruch auf Erteilung einer
Arbeitserlaubnis gemäß §§ 285 Abs. 2, 288 Abs. l Nr
2 SGB III iVm § l Abs. 2 ArGV, jedoch nur in dem im
Tenor ausgesprochenen zeitlich begrenzten und inhaltlich
beschränkten Umfang. Nach der zuletzt genannten
Vorschrift kann die Arbeitserlaubnis abweichend von §
285 Abs. l Satz l Nrn l und 2 SGB III auch dann erteilt
werden, wenn die Versagung unter Berücksichtigung der
besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles eine
besondere Härte bedeuten würde. Daraus folgt zunächst,
dass der Senat die in § 286 Abs. l Satz l Nrn l und 2
SGB III aufgeführten Arbeitsmarktvorbehalte nicht zu prüfen
und dem die Zahl der bevorrechtigten Arbeitslosen, die für
eine Beschäftigung als Küchenhelfer in Betracht
kommen, betreffenden Beweisantrag der Beklagten nicht
nachzukommen braucht. Auch der Kläger hat eine auf den
Betrieb seiner derzeitigen Arbeitgeberin bezogene
Arbeitserlaubnis nur (äußerst) hilfsweise und nur für
den Fall der Versagung einer Härtefallarbeitserlaubnis
beantragt.
Das Sozialgericht hat die Voraussetzungen des § l
Abs. 2 ArGV abweichend von der Beurteilung durch die
Beklagte zu Recht bejaht.
Die Tatbestandsmerkmale "besondere Verhältnisse
des einzelnen Falles" und "besondere Härte"
sind unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Auslegung durch
die Beklagte von den Gerichten in vollem Umfang nachgeprüft
werden kann. Bereits zur alten Fassung der Härteklausel
(§ 2 Abs. 5 AEVO idF vom 02.03.1971 - BGBl I 152-), die
ebenfalls das Wort "kann" enthielt, hatte das
BSG (SozR 4100 § 19 Nrn 2, 3) entschieden, dass
hinsichtlich der Frage, ob ein Härtefall vorliegt, der
Beklagten weder Ermessen noch ein gerichtsfreier
Beurteilungsspielraum eingeräumt ist. Nichts anderes
gilt für die vom Gesetzgeber entsprechend § 285 SGB
III erneut als "Kann-Bestimmung" gefasste Härteregelung
des § l Abs 2 ArGV, die sich inhaltlich von der in
Bezug genommenen früheren Regelung nicht unterscheidet.
Sie ist als eine auf die Rechtsfolgeseite, nämlich die
inhaltliche Ausgestaltung der Arbeitserlaubnis beschränkte
Ermessensvorschrift auszulegen (vgl. auch Geiger, Die Härtefall-Arbeitserlaubnis
nach dem SGB III, InfAuslR 1999, 356). Bei der Prüfung
der Voraussetzungen des § l Abs. 2 ArGV sind deshalb
die von der Rechtsprechung zu den früherer Härteregelungen
entwickelten Grundsätze heranzuziehen.
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Dementsprechend ist weiter davon auszugehen, dass
eine Härte nicht allein mit der Begründung verneint
werden kann, der Antragsteller erfülle nicht die
Voraussetzungen, die die ArGV an anderer Stelle (hier:
§ 2) zur Anspruchsbegründung aufstelle. § l Abs. 2
ArGV ist gerade für solche Fälle eine
Auffangvorschrift, so dass die Gründe, weshalb ein
Antragsteller die Voraussetzungen zB nach § 2 Abs. l Nr
l oder Abs. 2 ArGV (familiäre oder eheliche
Lebensgemeinschaft) nicht erfüllt, im Einzelfall
durchaus in die Wertung einbezogen werden können, ob
gerade deswegen ein Härtefall zu bejahen ist (vgl. BSG
SozR 4100 § 19 Nrn 16 und 17). Die zuletzt aufgeführte
Entscheidung betrifft eine nichteheliche
Erziehungsgemeinschaft, die in § 2 Abs. l bis 3 AEVO aF
(jetzt § 2 ArGV) ebenso wenig berücksichtigt ist wie
die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft. Die eheähnliche
Gemeinschaft hat sich als sozialer Typus lediglich
deutlicher herausgebildet als andere Gemeinschaften
(vgl. BVerfG SozR 3-4100 § 137 Nr 3). Von der
Gesetzessystematik her ist es jedenfalls nicht
ausgeschlossen, dass Angehörige anderer
Lebensgemeinschaften als die in § 2 Abs. l Nr l und
Abs. 2 ArGV genannten familiären und ehelichen
Lebensgemeinschaften in die Härtefallprüfung
einbezogen werden, zumal die Vorschrift des § l Abs. 2
ArGV - anders als die früheren Härteregelungen
(zuletzt § 2 Abs. 7 AEVO) - und anders als die nach §
2 ArGV zu erteilende Arbeitsberechtigung keinen
umfassenden Zugang zum Arbeitsmarkt mehr eröffnet (s.
aber auch den Beschluss des BSG vom 23.01.1992 in
InfAuslR 1992, 106, der sich jedoch auf den Ablauf der
Sechsjahresfrist des § 2 Abs. l Nr 6 AEVO bezieht).
Die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des §
l Abs. 2 ArGV ist - nicht anders als bei der Vorgängervorschrift
des § 2 Abs. 7 AEVO (vgl. dazu BSG SozR 4100 § 19 Nr
16) - an dem Zweck der Arbeitserlaubnis auszurichten,
der im Wesentlichen darin besteht, aus besonderen
sozialen Gründen die Arbeitsaufnahme des Ausländer zu
ermöglichen, obwohl dies dem Vorrang der deutschen und
der ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmer
widerspricht. Die für ausländische Arbeitnehmer
allgemein gültigen Verhältnisse begründen einen Härtefall
daher nicht und besondere Verhältnisse nur, wenn sie stärkeres
Gewicht haben als der Vorrang deutscher und
gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer. Bei der
Interessenabwägung sind vor allem die Grundrechte und
die in ihnen zu Ausdruck kommende Wertordnung zu
beachten (vgl. Hambüchen/Arnold/ Richter, Das
Arbeitserlaubnisrecht in Handbuch des Arbeits- und
Sozialrechts Stand: Oktober 1997 § 6 E Rdnrn 266-268).
Das Sozialgericht ist bei Bejahung der besonderen Härte
zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger
die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft mit A. hier
verwirklichen darf, ohne dass öffentliche Belange
entgegenstehen. Dies folgt bereits aus der auch für die
Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit maßgebenden
Tatbestandswirkung der ausländerbehördlichen
Entscheidungen. Zu Recht ist auch darauf hingewiesen
worden, dass diese rechtlich zulässige Form des
Zusammenleben unter dem Schutz des Art 2 Abs l GG sowie
des Art 8 Abs. l EMRK (Achtung des Privatlebens) steht
(vgl. BVerwG DVBl 1996, 1253 ff.; OVG NRW NVwZ 1997, 512
ff.) und grundrechtsrelevante Benachteiligungen zu
vermeiden sind (vgl. BVerfG NJW 1993, 3058).
Ob diese rechtliche Situation unter Berücksichtigung
des Umstandes, dass Homosexuelle nach geltendem Recht
eine Ehe nicht eingehen und damit die Voraussetzungen
des § 2 Abs. 2 ArGV nicht erfüllen können, sowie
unter Berücksichtigung des hohen Stellenwertes, dem die
Ausübung einer Berufstätigkeit in der Gesellschaft
zukommt, für sich gesehen dazu führt, einen Härtefall
anzunehmen, begegnet jedoch Bedenken. Die Entscheidung
des Verfassungsgesetzgebers, die Ehe unter dem
besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu stellen
(Art 6 Abs. l GG) und gleichgeschlechtlichen
Lebensgemeinschaften diese Privilegierung nicht
zuzuerkennen, dürfte im Hinblick auf die Erteilung
einer Arbeitserlaubnis nicht dadurch
"korrigiert" werden können, dass die für
homosexuelle Lebensgemeinschaften nicht gegebene Möglichkeit
der Eheschließung ohne weiteres zur Annahme eines Härtefalles
führt (ebenso Sozialgericht Dortmund, Urteil vom
27.04.1998 - S 33 (6) Ar 226/97 -). Auch dem hohen
Stellenwert, dem die Ausübung einer Berufstätigkeit in
der Gesellschaft zukommt, vermag dieses Ergebnis nicht
in der Weise zu stützen, dass vorhandene Zweifel
beseitigt werden. Dieser Umstand betrifft nämlich nicht
nur Ausländer, die mit einem Deutschen in
gleichgeschlechtlicher Gemeinschaft leben, sondern auch
andere (nicht bevorrechtigte) Ausländer. Außerdem hat
jedenfalls das BSG den Versuchen, aus der Verfassung ein
"Recht auf Arbeit" oder auf Zulassung zum
Arbeitsmarkt abzuleiten, bisher eine Absage erteilt
(vgl. dazu Hambüchen/Arnold/Richter aaO Rdnrn 38-40).
Diese allgemeinen Erwägungen bedürfen indessen keiner
Vertiefung, weil sie für die Entscheidung des
vorliegenden Falles nicht erheblich sind. Die besondere
Härte ist hier zu bejahen, weil die besonderen Verhältnisse
des Klägers diese Beurteilung rechtfertigen.
Die in Art 2 Abs. l GG und Art 8 Abs. l EMRK zum
Ausdruck kommende Schutzfunktion ist jedenfalls bei der
Prüfung der Frage, ob die Versagung der
Arbeitserlaubnis nach den besonderen Verhältnissen des
einzelnen Falles eine besondere Härte bedeutet, zu berücksichtigen
(so auch unter Ablehnung eines unmittelbaren Anspruchs
auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis gemäß § 2 Abs. 7
AEVO: Sächsisches Landessozialgericht InfAuslR 1997,
414, 415). Diese Schutzfunktion kann sich insbesondere
in bedeutsamer Weise auswirken, wenn die Erteilung der
Arbeitserlaubnis und die Aufnahme einer Arbeit durch den
Kläger seine Situation innerhalb der
gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft in nicht
unerheblichem Umfang positiv beeinflussen. Das ist hier
der Fall. Der Kläger hat glaubhaft dargelegt, dass es für
sein Selbstwertgefühl unverzichtbar ist, für seinen
Lebensunterhalt durch eigene Arbeit aufzukommen, und er
sich nur so dem A. gegenüber als gleichwertiger Partner
wahrnehmen kann. Für die Richtigkeit der Angaben des Klägers
spricht auch die Tatsache, dass er in besonderem Maße
integrations- und fortbildungswillig ist. Er hat auch
aufgrund des Besuchs von Volkshochschulkursen bereits
verhältnismäßig gute Kenntnisse der deutschen
Sprache. Sein ernsthaftes Bemühen um Integration wird
ferner durch die Auskunft seiner Arbeitgeberin vom
28.03.2000 bestätigt, die insbesondere seine schnelle
Auffassungsgabe, seine saubere Arbeit, seinen überdurchschnittlichen
Arbeitseinsatz und seine Freundlichkeit hervorhebt. Auch
der Umstand, dass die Familienangehörigen des A.
(Mutter und Schwägerin), die in der mündlichen
Verhandlung anwesend waren, sein Begehren erkennbar
unterstützen, lässt darauf schließen, dass ihm aus Gründen,
welche die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft
betreffen, viel an der Zulassung zum Arbeitsmarkt liegt.
Bei der im Rahmen der Härtefallprüfung vorzunehmenden
Interessenabwägung kommt hinzu, dass dem
arbeitsmarktpolitischen Vorrangprinzip, das hier trotz
des in § l Abs. 2 ArGV normierten Ausschlusses des
strengen Vorbehalts (§ 285 Abs. l Satz l Nr 2 SGB III)
heranzuziehen ist, .für den Bereich des Hotel- und
Gaststättengewerbes kein großes Gewicht hat. Denn in
diesem Wirtschaftszweig sind verhältnismäßig viele
Stellen frei, die nicht oder nur schwer zu besetzen
sind. Das ergibt sich aus der in der Westdeutschen
Allgemeinen Zeitung vom 19.05.2000 veröffentlichten
Erklärung des Hotel- und Gaststättenverbandes, der
sogar befristete Arbeitsverträge für
"Gastarbeiter" fordert, und aus der
Stellungnahme der Arbeitgeberin des Klägers vom
28.03.2000. Es darf in diesem Zusammenhang auch nicht
unberücksichtigt bleiben, dass die aufenthalts- und
arbeitserlaubnisrechtliche Position des Klägers nach
fast vier Jahren erlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet
inzwischen so gestärkt ist, dass er die zeitlichen
Voraussetzungen für eine unbefristete
Aufenthaltserlaubnis am 22.12.2001 und die
Voraussetzungen für die Erteilung einer unbefristeten
Arbeitsberechtigung (§ 286 Abs. l Nr l b, Abs. 3 SGB
III) voraussichtliche Mitte 2002 erfüllen wird. Diese
Gesichtspunkte rechtfertigen insgesamt die Annahme einer
besonderen Härte.
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Daraus folgt jedoch nicht, dass der Kläger Anspruch
auf eine unbefristete und unbeschränkte
Arbeitserlaubnis hat. Der Auffassung des Sozialgerichts,
dass dem Kläger bereits bis Ende 1997 eine solche
Arbeitserlaubnis gemäß § 2 Abs. 7 AEVO hätte erteilt
werden müssen, stimmt der Senat nicht zu. Es ist
bereits eingangs darauf hingewiesen worden, dass auf den
vorliegenden Sachverhalt neues Recht anzuwenden ist. Die
Übergangsvorschriften der §§ 432 Satz i SGB III, 14
Abs. l ArGV, nach denen vor dem 01.01.1998 erteilte
Arbeitserlaubnisse ihre Gültigkeit behalten, legen den
Umkehrschluss nahe, dass zum damaligen Zeitpunkt noch
nicht abgeschlossene Verfahren ausschließlich nach
neuem Recht zu beurteilen sind. Dieses sieht aber regelmäßig
eine zeitliche, räumliche und sektorale Beschränkung
der Arbeitserlaubnis vor (vgl. § 285 Abs. 5 SGB III, §
4 ArGV), wobei die Entscheidung darüber in das Ermessen
der Beklagten gestellt ist. Im übrigen haben die
vorstehend aufgeführten Gründe für die Annahme einer
besonderen Härte jedenfalls insgesamt bis Ende 1997
nicht vorgelegen, so dass die Interessenabwägung bis zu
diesem Zeitpunkt noch nicht zugunsten des Klägers
ausgefallen wäre.
Auf die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für den
Wirtschaftszweig des Hotel- und Gaststättengewerbes hat
der Kläger jedoch einen Rechtsanspruch, weil das
Ermessen der Beklagten aus dem bereits bei der Härtefallprüfung
aufgeführten Gründen auf Null reduziert ist. Lage und
Entwicklung des Arbeitsmarktes stehen der Erteilung
einer Arbeitserlaubnis für diesen Sektor eindeutig
nicht entgegen.
Soweit andere Wirtschaftszweige und die inhaltliche
Ausgestaltung der Arbeitserlaubnis betroffen sind, ist
die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet. Dafür ist
die Arbeitsmarktsituation in den anderen
Wirtschaftszweigen bedeutsam. Ob die räumliche Beschränkung
der Arbeitserlaubnis erweitert werden kann, wird auch
davon abhängen, inwieweit der Kläger wegen der
gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft an seinen
derzeitigen Wohnort gebunden ist.
Die Kostentscheidung folgt aus § 193 Abs. l SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr l
SGG zugelassen.
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