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Erbrecht |
Erbrecht86Stirbt eine der PartnerInnen einer Lebensgemeinschaft, so stehen dem überlebenden Teil ohne eine entsprechende Regelung der Verstorbenen keinerlei Ansprüche auf den Nachlass zu. Weder besteht ein gesetzliches Erbrecht, noch können einzelne Gegenstände herausverlangt werden, wenn sie nicht im Alleineigentum der hinterbliebenen PartnerIn stehen. Durch das gesetzliche Erbrecht werden lediglich Familienangehörige und Verwandte, wie Eltern, Großeltern, Kinder, Geschwister, Onkel, Tanten oder Cousinen/ Cousins bedacht (§1922 BGB). Hinterlässt die Verstorbene Kinder, so erben diese das ganze Vermögen. War sie noch verheiratet, so erben die Kinder gemeinsam eine Hälfte und der Ehegatte die andere Hälfte, sofern der Güterstand der Zugewinngemeinschaft bestand. Sind weder Kinder noch Ehegatte vorhanden, erben die Eltern, bei deren Tod die Geschwister der Verstorbenen und dann deren Kinder, danach die Großeltern und deren Kinder und so weiter. Existieren keine Verwandten und wurde auch kein Testament gemacht, fällt das Vermögen an den Staat. Die ErblasserIn, d.h. die Person, die stirbt und ihr Vermögen zurücklässt, kann jedoch durch ein Testament oder einen Erbvertrag frei bestimmen, was mit ihrem Nachlass geschehen soll (gewillkürte Erbfolge). Sie kann bestimmen, wer den Nachlass als ganzes bekommen soll, d.h. eine oder mehrere ErbInnen einsetzen. Dabei kann der Nachlass nicht nur natürlichen Personen, sondern auch Vereinen oder Personengruppen, wie einem Naturschutzverband, einer Aids-Hilfe-Einrichtung oder einer SeniorInnen-Stiftung hinterlassen werden. Werden einzelne Personen mit einzelnen Gegenständen oder Zahlungsansprüchen bedacht, handelt es sich um ein Vermächtnis. Ein Vermächtnis kann auch den überwiegenden Teil des Nachlasses ausmachen, wie etwa ein Hausgrundstück. Die durch ein Vermächtnis Bedachte erhält allerdings mit dem Todesfall nicht das Eigentum an den Gegenständen, sondern lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe gegen die ErbIn. Sind Kinder, Ehegatten
oder sonstige Verwandte vorhanden,
können sie durch das Testament oder einen
Erbvertrag von der Erbschaft
ausgeschlossen werden. Einigen von
ihnen steht dann aber ein Pflichtteilsanspruch
zu. Dieser beschränkt sich auf die
Hälfte des ihnen nach der gesetzlichen
Erbfolge zustehenden Anteils und ist
lediglich ein Zahlungsanspruch. Die
Pflichtteilsberechtigten haben nur einen
Anspruch auf Geld, nicht auf einzelne
Gegenstände. Pflichtteilsberechtigt
sind nicht alle Verwandten, die ohne
ein Testament nach der gesetzlichen
Erbfolge bedacht würden, sondern nur nahe
Angehörige, zu denen gem. § 2303 BGB Abkömmlinge,
d.h. eheliche, nichteheliche und
adoptierte Kinder und deren Kinder, sowie
die Ehegatten und Eltern der
ErblasserIn gehören. Damit sind
Geschwister, Großeltern sowie sonstige
Verwandte von der Pflichtteilsberechtigung
ausgenommen.
Die Höhe der
Pflichtteilsbeträge können i.d.R. auch
nicht durch Schenkungen reduziert
werden, denn bei der Berechnung des
Pflichtteils werden Schenkungen aus den
letzten 10 Jahren vor dem Erbfall,
d.h. auch Schenkungen von Todes wegen87, berücksichtigt
(§2325 BGB). Nur Schenkungen, die mehr
als 10 Jahre zurückliegen, werden nicht
berücksichtigt. Bei Versicherungsverträgen,
z.B. Lebens- oder Unfallversicherung, gilt
allerdings die Besonderheit, dass nicht
die Versicherungssumme in die Nachlasssumme
eingerechnet wird, sondern die
Versicherungsbeiträge, anders wiederum
bei der Berechnung der Erbschaftssteuer,
dort wird auf die Versicherungssumme
abgestellt. Einzige Möglichkeit den Pflichtteil zu „umgehen" ist, mit den Pflichtteilsbrechtigten einen Erbverzichtsvertrag (§ 2346 BGB) zu schließen. Die Pflichtteilsberechtigten können im Vorwege auf ihr Erbe verzichten. Häufig werden sie dazu nicht ohne weiteres bereit sein, aber ein Versuch ist es allemal wert. Zudem ist es zulässig, den Verzicht unter eine Bedingung zu stellen oder mit einer Abfindungszahlung zu verbinden. Der Verzicht muss notariell beurkundet werden. |
Testament oder Erbvertrag?Die Bestimmung über den Nachlass wird in Form eines Testaments oder Erbvertrags gemacht. Ein gemeinschaftliches Testament können die LebensgefährtInnen nicht errichten, dieses Privileg ist ausschließlich Eheleuten vorbehalten. Wollen die PartnerInnen ihre gegenseitigen Ansprüche gemeinsam planen und gestalten, müssen sie den Inhalt ihrer jeweiligen Testamente miteinander absprechen oder besser einen gemeinsamen Erbvertrag abschließen. Der Vorteil eines Erbvertrags ist, dass er nur gemeinsam geändert werden kann, während Einzel-Testamente jederzeit ohne Kenntnis der PartnerInnen verändert werden können. Wollen die PartnerInnen sich wechselseitig beerben, aber keinen Erbvertrag abschließen, können sie zumindest eine gewisse Wechselwirkung zwischen den Testamenten herstellen, indem sie im Testament Motive für ihre Verfügungen und Entscheidungen angeben und diese durch Bedingungen oder Auflagen umsetzen. Es ist nämlich zulässig, letztwillige Verfügungen unter eine Bedingung zu stellen. Ebenso ist es zulässig, etwa eine Schenkung unter die Bedingung des Fortbestandes einer Erbeinsetzung oder testamentarischen Bestimmung zu setzen.
TestamentEin Testament ist allerdings nur rechtswirksam, wenn einige Formalien beachtet werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein wirksames Testament zu errichten:
Unter Umständen
sollten auch bei einem handschriftlichen
Testament ZeugInnen hinzugezogen
werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn
die ErblasserIn bereits phasenweise an
Gedächtnisausfällen oder Verwirrtheit
leidet. In diesem Falle könnte es
nämlich passieren, dass eine Person, die
enterbt oder nicht ihren Wünschen gemäß
bedacht wurde, das Testament anfechtet mit
der Behauptung, die ErblasserIn sei bei
der Testamentserrichtung nicht (mehr) bei
Sinnen gewesen. Die Hinzuziehung von
ZeugInnen kann auch dann empfehlenswert
sein, wenn etwa in der Familie die
Homosexualität der ErblasserIn abgelehnt
und verleugnet wird und zu befürchten
ist, dass die Familie in jedem Fall das
Testament anfechten wird. Sie könnten
etwa den Vorwurf erheben, das Testament
sei unter Druck errichtet worden und
entspreche nicht dem freien Willen der
ErblasserIn.
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ErbvertragEin Erbvertrag (§§ 2274 ff BGB) muss beim Notar geschlossen werden und zwar unter gleichzeitiger persönlicher Anwesenheit beider vertragsschließende Personen. Beim Abschluss eines Erbvertrags kann man sich also nicht vertreten lassen. Ein Erbvertrag kann entweder als Ganzes oder bezüglich einzelner Passagen durch einen neuen Erbvertrag verändert/ aufgehoben werden. Auch dieser Aufhebungsvertrag bedarf der notariellen Form. Nach dem Tod einer der beiden ist eine Aufhebung nicht mehr möglich. Eine teilweise Änderung des Erbvertrages, nämlich bezüglich eines Vermächtnisses oder einer Auflage, ist auch dadurch möglich, dass eine PartnerIn ein Testament errichtet. Dieses bedarf aber der Zustimmung der anderen PartnerIn und die Zustimmung muss wieder notariell beurkundet werden. In einem Erbvertrag
können die PartnerInnen sich gegenseitig
zu Erben einsetzen. Sie können dabei
bestimmen, dass sie nur Vorerben
sind und andere Personen, etwa vorhandene
Kinder als Nacherben einsetzen
(§§ 2100 ff BGB). Vorerbschaft bedeutet,
dass zunächst einer bestimmten Person das
Erbe zufallen soll und das Erbe später
nach einer festgelegten Zeit oder einem
bestimmten Ereignis, etwa dem Tod der
VorerbIn, eine andere Person (NacherbIn)
die Erbschaft erhalten soll. Die VorerbIn
wird durch das Gesetz in der Verfügung
über den Nachlass beschränkt, so dass
z.B. Schenkungen oder die Veräußerung
von Grundstücken unwirksam sein können.
Die VorerbInnen sind quasi nur formal
Inhaber des Nachlasses, sie dürfen die
„Früchte" aus dem Nachlass ziehen,
etwa Zinsen, ansonsten verwalten sie ihn
aber nur. Sie sind eine Art Treuhänder
und haben entsprechende Pflichten. Die
ErblasserInnen verlängern durch
diese Konstruktion die Einflussnahme
auf den Umgang mit ihrem Vermögen. Durch einen Erbvertrag
erfolgt eine ganz erhebliche Festlegung,
aus der man einseitig nur herauskommt,
wenn ein gesetzlicher Rücktrittsgrund
eingreift oder im Erbvertrag ein Rücktrittsrecht
vereinbart wurde.
In Einzelfällen kann ein solches Rücktrittsrecht allerdings zu Unbilligkeiten führen, etwa wenn im Erbvertrag eine Bedingung formuliert war, an die sich die als Erbin eingesetzte PartnerIn während der gesamten Lebensgemeinschaft gehalten hat und die Erblasserin kurz vor dem Tod vom Vertrag zurücktritt. Hier kann es ratsam sein, für den Fall der Ausübung des Rücktrittsrechts Schadensersatzvereinbarungen zu treffen. Auch für die Ausübung des Rücktrittsrechts ist wieder die notarielle Form vorgeschrieben (§ 2296 II BGB), d.h. die Rücktrittserklärung muss notariell beurkundet werden und sie muss zu ihrer Wirksamkeit der Vertragspartnerin/ dem Vertragspartner zugegangen sein. Ein Erbvertrag kann von der ErblasserIn und, wenn diese verstorben ist, von Dritten, den potentiellen Erben, angefochten werden. Die Anfechtung ist wegen Irrtums möglich, d.h. wenn ein Vertragsschließender möglicherweise doch etwas anderes gewollt hat, als im Vertrag steht. Die Anfechtung ist nur binnen Jahresfrist (§ 2283 BGB) möglich und bedarf wie der Rücktritt der notariellen Form (§ 2282 Abs.3 BGB). Auf das Recht zur Anfechtung kann aber verzichtet werden. Da ein Erbvertrag bei einem Notar errichtet werden muss und ein Notar die Pflicht hat, die Beteiligten über die Folgen ihres Vertrages aufzuklären, ist ein Irrtum nicht sehr wahrscheinlich. Das Risiko, auf ein Anfechtungsrecht zu verzichten, ist also nicht sehr hoch. Dagegen schützt der Verzicht davor dass nach dem Tod der PartnerIn Dritte den Erbvertrag wegen Irrtums anfechten, denn ihnen steht nur insoweit ein Anfechtungsrecht zu, als es auch der ErblasserIn zugestanden hätte89.
Noch ein paar wichtige Hinweise, die bei der Regelung des Nachlasses zu bedenken sind:
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URL:
http://www.lsvd.de/recht/hamburg/erbrecht.html |