Home | Themen | Recht | Sozialgericht Hamburg |
|
TatbestandDie Beteiligten streiten über die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung. Der Kläger ist philippinischer Staatsangehöriger. 1993 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein, um ein Studium der Volkswirtschaftslehre zu beginnen. Ihm wurde daher eine Aufenthaltsbewilligung erteilt, die bis 1999 verlängert wurde. Seit Ende 1995 lebt er in eheähnlicher Partnerschaft ..................... Am 11.2.1998 kam es zum Abschluss eines entsprechenden notariellen Partnerschaftsvertrages. Nachdem sich der Kläger zwischenzeitlich exmatrikuliert hatte, erhielt er eine Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 3 Ausländergesetz (AuslG). Am 5.6.1998 beantragte er die Erteilung einer Arbeitsberechtigung nach der damals noch gültigen Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO). Mit Bescheid vom 18.8.1998 wurde der Antrag von der Beklagten abgelehnt mit der Begründung, dass die Voraussetzungen des § 286 SBG III und § 2 Abs. 1 bis 3 AEVO nicht vorliegen würden. Unter dem 1.9.1998 legte der Kläger Widerspruch ein. Am 22.9.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Arbeitsberechtigung seien nicht erfüllt, insbesondere stelle die Homosexualität des Klägers keine besondere Härte im Sinne von § 3 Abs. 7 AEVO dar. Unter dem 19.10.1998 erhob der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 1.9.1998 Klage. Er ist der Ansicht, dass ihm gemäß § 2 Abs. 7 AEVO ein Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung zustand und auch nach heutiger Rechtslage gemäß § 1 Abs. 2 Arbeitsgenehmigungsverordnung ebenfalls ein solcher Anspruch besteht. Der Kläger argumentiert, dass er auf Grund seiner Homosexualität daran gehindert sei, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 AEVO (jetzt ArGV) zu erfüllen und mittels Eheschließung zu einer Aufenthaltsberechtigung bzw. Arbeitserlaubnis zu gelangen. Bei grundgesetzkonformer Auslegung unter Berücksichtigung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz ergebe sich zwingend die Annahme eines Härtefalles im Sinne der damaligen und jetzt aktuellen Verordnung. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.8.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.9.1998 zu verpflichten, dem Kläger eine unbeschränkte und unbefristete Arbeitserlaubnis zu erteilen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung ihres Antrages verweist sie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Ausländerakte verwiesen. |
EntscheidungsgründeDie Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung einer
Arbeitserlaubnis aus Härtegründen. Ob ein Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis besteht, beurteilt sich nunmehr nach der Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist nämlich bei der Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Obwohl zum Zeitpunkt der Antragstellung noch die Arbeitserlaubnisverordnung galt, beurteilt sich die Begründetheit der Verpflichtungsklage nach der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV). Gemäß § 1 Abs. 2 ArGV kann eine Arbeitserlaubnis
erteilt werden, wenn die Versagung unter Berücksichtigung
der besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles eine
besondere Härte bedeuten würde. Ein solcher Härtefall liegt vor, wenn die Versagung der Arbeitserlaubnis auf Grund besonders gelagerter Umstände über das Normalmaß hinausgehende negative Auswirkungen zeitigt, die eine Ausnahmeregelung ohne Berücksichtigung des Arbeitsmarktes erforderlich macht bzw. rechtfertigt. Bei der Entscheidung sind vor allem Grundrechte und die in ihm zum Ausdruck kommende Werteordnung zu beachten (vgl. BSG in SozR 4.100 § 19 Nr. 16). Der Kläger ist homosexuell veranlagt und lebt in einer festen eheähnlichen Partnerschaft mit Herrn ................... Das Gericht zweifelt angesichts des abgeschlossenen notariellen Partnervertrages nicht am Vorliegen bzw. Bestehen dieser Partnerschaft, genauso wenig wie im Fall einer Ehe Anlass bestünde, zu hinterfragen, ob diese auch tatsächlich ausgeübt wird. Gemäß § 2 Abs. 2 ArGV (§ 2 Abs. 2 AEVO) ist eine Arbeitserlaubnis zu erteilen, wenn der Ausländer Ehegatte eines Deutschen ist und die ausländerrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, die ebenfalls von der Eheschließung abhängig sind. Während andere heterosexuelle Ausländer, die in einer Partnerschaft mit einem deutschen Staatsbürger leben, nun die Voraussetzungen für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis durch Eheschließung herbeiführen können, ist das dem Kläger auf Grund seiner Homosexualität nicht möglich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht die Möglichkeit der Eheschließung. Ein Anspruch auf Eheschließung besteht nicht und lässt sich auch nicht aus Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herleiten (BVerfG NJW 1993, 3058 f.). Demnach kann der Kläger die Voraussetzungen für § 2 Abs. 2 ArGV nicht erfüllen, obwohl er bis auf den Umstand der Gleichgeschlechtlichkeit die Voraussetzungen einer beständigen eheähnlichen Partnerschaft erfüllt und einen notariellen Partnervertrag abgeschlossen hat. Allein dieser Umstand stellt einen atypischen Sachverhalt dar, der vom Normalfall des heterosexuellen oder homosexuellen Ausländers, der nicht in einer Partnerschaft lebt, zu unterscheiden ist. Der Kläger kann die Voraussetzungen mangels rechtlicher Möglichkeit hierzu nicht herbeiführen. Damit ist er im Vergleich zu anderen Ausländern, die eine Arbeitserlaubnis begehren, bereits unangemessen benachteiligt. Die homosexuelle Veranlagung des Klägers ist letztendlich Ursache für diese Benachteiligung. |
Der Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis aus
Härtegesichtspunkten ergibt sich jedoch insbesondere
aus verfassungskonformer Auslegung unter Berücksichtigung
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Versagung einer Arbeitserlaubnis hat im Vergleich zu anderen möglichen Ungleichbehandlungen, die sich notwendigerweise aus der zulässigen Privilegierung der Ehe gem. Art. 6 Abs. 1 GG ergeben, besonders gravierende Auswirkungen auf die Lebensführung des Betroffenen und auch die Ausgestaltung der gewählten Partnerschaft. Anders als beispielsweise finanzielle bzw. steuerrechtliche Nachteile, die für nicht eheliche Partnerschaften bestehen, kommt der Versagung einer Arbeitserlaubnis eine ungleich höhere Benachteiligung zu. Der Berufstätigkeit kommt in der Gesellschaft ein hoher Stellenwert zu. Vielfach ergibt sich die gesellschaftliche Position auf Grund der beruflichen Tätigkeit, so dass die Auswirkungen weit über finanzielle Einbußen hinausgehen und den gesamten Lebensbereich betreffen. Somit gebietet der aus Art. 2 Abs. 1 resultierende Schutz der Privatsphäre und Schutz der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft die Annahme eines Härtefalls unter Berücksichtigung der Grundrechte. Zwar treffen die gravierenden Einschnitte, die sich aus der Versagung einer Arbeitserlaubnis ergeben, jeden Ausländer, der eine entsprechende Arbeitsgenehmigung begehrt, jedoch muss hier der Zusammenhang mit der Homosexualität und der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft einerseits und der Regelung von § 2 Abs. 2 ArGV andererseits hergestellt werden. Homosexuelle Ausländer, die in fester Partnerschaft mit einem Deutschen leben, können die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 ArGV nicht erfüllen, was letztendlich auf ihre homosexuelle Veranlagung zurückzuführen ist und somit zu einer besonders gravierenden Benachteiligung führt, die eine Ausnahmegenehmigung rechtfertigt. Aus der Formulierung, "dass eine
Arbeitserlaubnis erteilt werden kann", ergibt sich,
dass auch bei Vorliegen einer besonderen Härte ein
Ermessensspielraum für die Verwaltung besteht. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Rechtsmittelbelehrung......... Das Urteil ist nicht rechtskräftig. |
|
[Impressum] [Feedback] [Sitemap] |
|