Pressemitteilung Nr. 574 der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Datum: 25. August 2004
Koalition verbessert Leistungen für
NS-Opfer
Zur Koalitionsvereinbarung über die Verbesserung der Leistungen
für NS-Opfer erklären Volker Beck, Erster Parlamentarische Geschäftsführer der
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, und Marga Elser, Berichterstatterin
der SPD-Bundestagfraktion:
Die rot-grüne Koalition wird die Leistungen für NS-Opfer ausbauen. Die
Koalitionsfraktionen haben sich mit dem Bundesfinanzministerium auf konkrete
Schritte verständigt, um die Situation von NS-Opfern zu verbessern.
In der vergangenen Wahlperiode haben wir in einem großen Kraftakt die
Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter auf den Weg gebracht. Jetzt folgen
Verbesserungen für weitere NS-Opfer im Inland. Dabei handelt es sich zumeist um
hoch betagte Menschen. Wir sehen die Bundesrepublik in der moralischen Pflicht,
ihnen einen Lebensabend in Würde zu ermöglichen.
Im Einzelnen ist geplant:
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Die laufenden einkommensunabhängigen Leistungen für
Zwangssterilisierte werden ab 1. September 2004 auf 100 Euro monatlich
angehoben (bisher 61,36 Euro). Zwangssterilisierten wurde grausames, ihr
ganzes Leben prägendes Unrecht angetan. Sie konnten keine eigene Familie
gründen und stehen heute im Alter oft alleine da.
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Für Zwangssterilisierte, Euthanasie-Geschädigte, homosexuelle
NS-Opfer und weitere Personengruppen wird der Zugang zu einkommensabhängigen
laufenden Leistungen nach den Härterichtlinien zum Allgemeinen
Kriegsfolgengesetz erleichtert. Dazu wird die so genannte Notlagengrenze, ab
der laufende Leistungen ausgezahlt werden können, ab 2005 um 46,62 Euro
angehoben. Damit erhöhen sich in der Regel auch die monatlichen Zahlungen an
bisherige Leistungsempfänger.
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Infolge der 2002 in Kraft getretenen Ergänzung des Gesetzes
zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile (NS-Aufhebungsgesetz)
werden weitere NS-Opfer ab 2005 in den Kreis der Leistungsberechtigten
einbezogen. Dies betrifft Militärjustizopfer sowie Homosexuelle. Bislang war
Strafhaft aufgrund des von den Nazis 1935 massiv verschärften
Homosexuellenparagraphen 175 grundsätzlich nicht als NS-Unrecht anerkannt. Das
wird nun geändert - entsprechend der Ergänzung des NS-Aufhebungsgesetzes, mit
dem Verurteilungen nach §§ 175, 175a Nr. 4 Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) in
der Zeit bis zum 7. Mai 1945 als NS-Unrecht pauschal aufgehoben wurden.
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Die Altersgrenze für die Entschädigung von Kindern, deren
Eltern im Nationalsozialismus ermordet wurden, wird angehoben. Das betrifft
insbesondere Opfer der so genannten Euthanasie. Bislang haben die
hinterbliebenen Kinder nur Leistungen erhalten, wenn sie beim Tod der Mutter
oder des Vaters noch keine 21 Jahre alt waren. Diese Altersgrenze wird für
Kinder, die damals noch in Berufsausbildung waren, nun auf 27 Jahre
ausgedehnt.
SPD und Bündnis 90/Die Grünen werden sich bei den
Haushaltsberatungen dafür einsetzen, dass diese Maßnahmen für die kommenden
Jahre gesichert werden.
Wir werden zudem im nächsten Jahr prüfen, ob die Leistungen für
Zwangssterilisierte sowie die Notlagengrenze weiter angehoben werden können.
Die Hilfe für heute noch lebende NS-Opfer hat für uns eine hohe Priorität.
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Günter Dworek
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Referent Antidiskriminierungs- und
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