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Hinweis:
Auf dem Gewerkschaftsseminar "Menschenrechte im Betrieb - Homosexualität am Arbeitsplatz", dass im Mai 2003 in Oberursel stattfand, haben die TeilnehmerInnen des Workshops "Antidiskriminierungsgesetz"  eine Musterbetriebsvereinbarung gegen Diskriminierung, Mobbing und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz entwickelt. Diese Musterbetriebsvereinbarung orientiert sich an der Betriebsvereinbarung der Ford - Werke und ist vor allem für mittlere und große Betriebe geeignet.
 

Muster-Betriebsvereinbarung

zwischen Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat zum

"Schutz vor Diskriminierung, Mobbing und sexueller Belästigung und zur Förderung der Vielfalt am Arbeitsplatz"

Präambel

Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat sind sich darüber einig, dass im Unternehmen ein Arbeitsklima bestehen muss, das es Menschen ermöglicht, frei von Diskriminierung, Mobbing und sexueller Belästigung ihrer Arbeit nachzugehen.

Alle Beschäftigen sind aufgefordert, an der Gestaltung eines Arbeitsklimas auf allen Ebenen mitzuwirken, das gekennzeichnet ist von gegenseitiger Achtung, Toleranz und Wahrung der menschlichen Würde am Arbeitplatz.

In diesem Sinne schließen Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat diese Vereinbarung.

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass sonstige gesetzliche Bestimmungen wie das BetrVG, Kündigungsschutzgesetz, Beschäftigtenschutzgesetz und strafrechtliche Bestimmungen hiervon unberührt bleiben.

§ 1 Geltungsbereich

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Beschäftigten des Betriebes, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Fremdfirmen und im Umgang mit Kunden und Kundinnen. Sinngemäß findet sie auch Anwendung auf freiberufliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

§ 2 Belästigungsverbot

(1) Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat sind sich einig darüber, dass in unserem  Unternehmen keiner Person wegen ihrer Abstammung, Weltanschauung, Nationalität, Herkunft, Alter, Geschlecht, sexuelle Identität und sexuelle Orientierung oder sonstiger persönlicher Eigenheiten Nachteile entstehen dürfen.

(2) Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat sehen eine wichtige Aufgabe darin, die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu schützen und zu fördern.

(3) Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Unternehmens haben daher Maßnahmen zu unterlassen, die die Entfaltung der Persönlichkeit Einzelner beeinträchtigen können oder als Beleidigung oder Belästigung im Sinne des Beschäftigungsschutzgesetzes empfunden werden können.

Insbesondere ist darauf zu achten, dass

  • niemand in seinem oder ihrem sozialen Ansehen geschädigt wird.
     
  • niemand durch Wort, Bild, Gesten oder Handlungen sexuell belästigt oder diskriminiert wird.
     
  • niemand durch die ihm oder ihr zugewiesenen Arbeitsaufgaben diskriminiert oder gedemütigt wird.
  • § 3 Sanktionen

    (1) Unabhängig von den im Folgenden genannten Vorgehensweisen zur Verhinderung von Belästigungen und Beeinträchtigungen kommen Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat überein, dass sie Handlungen nach § 2 als ernsthafte Verletzung des Betriebsfriedens betrachten.

    (2) Gegen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die trotzdem solche Vorgehensweisen ausüben, werden geeignete disziplinarische Maßnahmen eingeleitet, die bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen können.

    (3) Strafrechtliche Maßnahmen werden ggf. eingeleitet.

    (4) Werden Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen durch betriebsfremde Personen am Arbeitsplatz durch Handlungen gemäß § 2 belästigt, wird die Geschäftsleitung ihre rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um dies zu sanktionieren und künftig zu verhindern.

    Alternativ:
    Bei Handlungen gemäß § 2 durch betriebsfremde Personen wird die Geschäftsleitung ihre rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um dies zu sanktionieren und künftig zu verhindern.

    § 4 Betriebliches Beschwerderecht

    (1) Betroffene werden ausdrücklich aufgefordert, ein Fehlverhalten im Sinne dieser Betriebsvereinbarung nicht hinzunehmen, sondern sich dagegen zur Wehr zu setzen und der betreffenden Person oder dem Unternehmen deutlich zu machen, dass deren Verhalten unerwünscht ist und als verletzend oder missachtend empfunden wird.

    (2) Jede(r) Beschäftigte gemäß § 1, die/der sich vom Unternehmen oder einzelnen Mitarbeitern bzw. Mitarbeiterinnen benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise belästigt fühlt, hat das Recht zur Beschwerde gemäß §5 dieser Vereinbarung. Nachteile dürfen ihr/ihm daraus nicht entstehen. Betroffene können wählen, an welches Mitglied der Beratungsstelle gemäß § 6 sie sich wenden.

    § 5 Beschwerdebehandlung

    (1) Die Mitarbeiterin der Beratungsstelle nimmt die Beschwerde entgegen, ermittelt den Sachverhalt und leitet bei Bedarf erste angemessene Unterstützungsmaßnahmen ein. Dies können z.B. Gespräche mit dem / der Betroffenen und oder die Vermittlung an externe Fachkräfte (z.B. Ärzte und Ärztinnen) sein.

    (2) Wird ein Gespräch der beteiligten Parteien seitens der Beratungsstelle für sinnvoll gehalten, sollte dieses unter Leitung eines Mitgliedes der betrieblichen Beratungsstelle innerhalb von einer Woche nach Eingang der Beschwerde stattfinden.

    (3) Kommt das Gespräch nicht zustande oder kommen beide Konfliktgegner auch in diesem Gespräch nicht zu einer Einigung oder besteht der ursprüngliche Missstand fort, wird die Angelegenheit innerhalb von weiteren zwei Wochen von der betrieblichen Beratungsstelle bearbeitet.

    (4) Auf Wunsch des / der Beschäftigten können auch eine Person seines/ ihres Vertrauens, Vertreter oder Vertreterinnen des Betriebsrates, der Schwerbehindertenvertretung, der Personalabteilung oder der Gleichstellungsstelle hinzugezogen werden.

    § 6 Zusammensetzung der betrieblichen Beratungsstelle

    (1) Die Beratungsstelle ist ein ständige Einrichtung und setzt sich paritätisch aus jeweils mindestens zwei Mitgliedern der Geschäftsleitung und der Arbeitnehmervertretung zusammen. Hierbei ist darauf zu achten, dass keiner der jeweiligen Konfliktgegner bzw. keine der jeweiligen Konfliktgegnerinnen Mitglied des Gremiums ist. Der Vertreter der Geschäftsleitung lädt unter Bekanntgabe des Tagesordnungsvorschlags ein.

    (2) Es sollte die einvernehmliche Hinzuziehung eines externen Sachverständigen vorgenommen werden.

    (3) Die Mitglieder dieser Beratungsstelle sind entsprechend geschult.

    (4) Den Beschäftigten ist eine feste Anlaufstelle bekannt zu geben.

    § 7 Aufgaben der betrieblichen Beratungsstelle

    (1) Die betriebliche Beratungsstelle hat folgende Aufgaben:

  • Beratung der/des Betroffenen
     
  • Entgegennahme und Bearbeitung der Beschwerden
     
  • Vermittlung an externe Stellen
     
  • Dokumentation der Beratungsanlässe und -ergebnisse
     
  • Transparenz über Stand, Schritte und Ausgang des Verfahrens gegenüber den betroffenen Personen
     
  • Initiieren von vorbeugenden Maßnahmen und Fortbildungen, insbesondere Konfliktbewältigungstrainings für alle Ebenen
     
  • Maßnahmen zur Förderung der Kommunikation
     
  • Kontakte und Vernetzung mit externen Stellen
  • (2) Die Beratungsstelle spricht auf Basis eines Mehrheitsbeschlusses der Geschäftsleitung Empfehlungen für erforderliche Maßnahmen aus.

    (3) Zur Verbesserung des Klimas im Betrieb können neben Informationen auch kulturelle Veranstaltungen analog zu den in § 2 erwähnten Merkmalen gehören.

    (4) Vorgetragene Anliegen werden gemäß § 5 unverzüglich behandelt. Die Mitglieder der Beratungsstelle sind hinsichtlich der ihnen in dieser Tätigkeit bekannt werdenden Angelegenheiten über die Zeit ihrer Ernennung hinaus zum Stillschweigen verpflichtet.

    § 8 Aufgabe der Geschäftsleitung

    (1) Die Geschäftsleitung trifft ihre Entscheidung unverzüglich auf der Basis der Empfehlung der betrieblichen Beratungsstelle und ist für die Umsetzung verantwortlich.

    (2) Entscheidungen, die von der Empfehlung der betrieblichen Beratungsstelle abweichen, bedürfen einer schriftlichen Begründung.

    (3) Alle anfallenden Kosten trägt das Unternehmen.

    § 9 Schlussbestimmungen

    (1) Diese Vereinbarung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.

    (2) Diese Betriebsvereinbarung oder einzelne ihrer Bestimmungen können jederzeit im Wege von Vereinbarungen zwischen Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat abgeändert oder ergänzt werden.

    (3) Die Vereinbarung kann mit einer Frist von ...... zum ......., erstmals zum .......gekündigt werden.

    (4) Die Mitglieder der Beratungsstelle sind allen Mitarbeitern / Mitarbeiterinnen durch geeignete Mittel bekannt zu machen.

    Sollten einzelne Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, bleibt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen oder Teile solcher Bestimmungen unberührt. Anstelle der unwirksamen oder fehlenden Bestimmungen treten die jeweiligen gesetzlichen Regelungen.

     

     

    (Unterschrift)                                          (Unterschrift)

    Allgemeine Anmerkung:

    Unternehmen die nicht über eine geeignete Beratungsstelle verfügen, sind verpflichtet, eine geeignete externe Anlaufstelle zu benennen.

     


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