Home | Recht | Lebenspartnerschaft | Fachtagung | Gleichstellung

 
Block IV:

Gleichstellung im Alltag
Die Anerkennung der Lebenspartnerschaft im Tarifrecht und bei Dienstleistungen

  • Teilnehmerinnen und Teilnehmer:
     
    • Klaus Timm, Sprecher des Arbeitskreises Lesben und Schwule bei ver.di, Berlin - Positionspapier -
    • Stefan Etgeton, Bundesverband der Verbraucherzentralen (VzBV), Berlin
    • Birgit Gantz-Rathmann, Leiterin Soziales und Gesundheit bei der Deutschen Bahn AG
    • Monika Rühl, Leiterin changement, management and diversity bei der Deutschen Lufthansa AG
    • Arne-M. Seydak, Sprecher der Rainbow Group der Deutschen Bank AG
       
  • Moderation: Manfred Bruns, LSVD-Bundesvorstand

Timm: Ver.di fordere ein Antidiskriminierungsgebot innerhalb der Betriebe. Die Tarifkommission habe jedoch ein eigenes Entscheidungsrecht. Ziel sei, in Bezug auf die Frauengleichstellung im Frühjahr 2003 ein diskriminierungsfreies Tarifrecht zu haben. Mit dem BVerfG-Urteil zum LPartG gebe es eine neue Rechtslage, die Auswirkungen müssten nun geprüft und umgesetzt, die Gleichstellung unverzüglich umgesetzt werden. Er habe die Erwartung, dass die Manteltarifverträge entsprechend geändert werden, und rate Betroffenen, den Betriebsrat zu konsultieren, wie jeweils zum entsprechenden Recht verholfen werden könne. Die Betriebsräte würden über die Rechtslage informiert.

Gantz-Rathmann: Die Bahn habe Tarif, Betriebsvereinbarung und -renten auf die Lebenspartnerschaft umgestellt. Lebenspartner und Eheleute seien gleichgestellt, wenngleich die Formulare noch nicht von „Lebenspartnern“ sprechen. Diskriminierungen seien dennoch noch möglich.

Rühl: Seit mindestens zehn Jahren würden auch PartnerInnen von Homosexuellen in den Genuss des Mitflieger-Bonus der Angehörigen kommen. Die Unternehmensspitze sei dagegen weiter männerdominiert und damit auch überwiegend homophob. Einiges sei bereits von Eheleuten auf homosexuelle Beschäftigte 1:1 übertragen worden, zum Beispiel die Freistellung im Krankheitsfall von im Haushalt lebenden Kindern. Das Versorgungsthema sei noch nicht geregelt. Hier werde auf Regelungen durch den Gesetzgeber gewartet. Mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs müssten die Entgelte aber bis Dezember 2003 angeglichen werden. Das Thema „Homosexualität“ sei im Diversity-Konzept eingebettet.

Seydak: Die Angleichung an Eheleute sei weitestgehend vollzogen. Der „Druck von unten“ durch die Rainbow Group im Unternehmen habe geholfen und helfe weiterhin, zum Beispiel bei einer Antidiskriminierungsrichtlinie. Oftmals gelten grundsätzlich „Haushaltsregelungen“. So können zum Beispiel alle im selben Haushalt Lebenden den Firmenwagen der/des Beschäftigten mitnutzen. Die betrieblich finanzierte Versorgung gelte auch für homosexuelle Partner, die bankfinanzierte nicht. Es sei aber eine Umstellung des Versorgungswerks des Unternehmens insgesamt geplant. Dann sollen auch Lebensgemeinschaften einbezogen werden. Wie offen jemand seine Homosexualität lebe, sei immer eine persönliche Sache. Als offen lebende Lesbe oder offen lebender Schwuler könne man auch mehr als Zweigstellenleiter werden.

Etgeton: Das Thema sei im Verbraucherschutz „nicht klar verortet“. Diskriminierungen gebe es zum Beispiel bei (Lebens-)Versicherungen, wo auf Verdacht ein HIV-Test verlangt wird, wenn ein Mann einen Mann als Begünstigten benennt. Ein Verbandsklagerecht sei möglich, wenn sich eine Versicherung „strukturell weigert, das Lebenpartnerschaftsgesetz umzusetzen“. Er rege an, bei ähnlichen LSVD-Veranstaltungen die Solidarkassen einzuladen.

Gantz-Rathmann: Im Unternehmen gebe es keine offene tolerante Kultur, weil es männlich und damit chauvinistisch geprägte Arbeitsfelder gebe. Netzwerke auch für Frauen existierten nicht, ein Outing sei nicht gewollt.

Seydak: Es sei möglich, eine Kultur zu schaffen, die die Bildung von Netzwerken erleichtert. Hierzu könnten zum Beispiel Mitglieder-/Unternehmenszeitschriften genutzt werden. In der Rainbow Group des Unternehmens seien 150 von insgesamt 45.000 MitarbeiterInnen organisiert. Es gebe Kontakte zu lesbisch-schwulen Zusammenschlüssen in anderen Unternehmen, so zum Beispiel zum Schering-Stammtisch.

Rühl: Unternehmenskultur könne nicht verordnet werden, sie werde gelebt. Der CSD (und sein Sponsoring) sei im Unternehmen ein „intensives Thema“. Die Philosophie des Unternehmens sei Eventmarketing, einzelne (auch lesbisch-schwule) Projekte werden somit nicht unterstützt.

Timm: Homosexuelle müssten sich in den Gewerkschaften und Betrieben usw. selbst organisieren. Beim Ver.di-Chef Bsirske soll in Kürze eine Stelle für lesbisch-schwule Belange eingerichtet werden.

Etgeton: Die Arbeitgeber setzen Akzente in Sachen Gleichstellung, die Gewerkschaften stellen sich als Hemmschuh dar. Diversity muss für Gewerkschaften ein Thema sein auch gegenüber ihren Mitgliedern.

Rühl: Ziel des Unternehmens sei, die soziale Kompetenz der Mitarbeiter zu stützen und sie zu freiwilligen Leistungen anzuregen. Davon könne auch der LSVD profitieren, wenn auf diesem Wege Mitarbeiter ihr Know how in den Verband einbringen.

Meinungen/Hinweise aus dem Publikum:

  • Bei der Deutschen Gesellschaft für Personalführung gebe es einen Arbeitskreis Diversity.
     
  • Die Gewerkschaften haben in Sachen Homosexualität/Lebenspartnerschaft einen Nachholbedarf. Den Betriebsräten insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen sollten Informationen hierzu an die Hand gegeben werden.
     
  • CSD-Sponsoring sei (in gewissem Sinne) kontraproduktiv, zielgruppenorientiertes Sponsoring von ehrenamtlich tätigen Vereinen sei besser geeignet.
     

[Impressum] [Feedback] [Sitemap]