LSVD vom 14. August 2002
Eine neue Schweinerei aus Bayern
Von Manfred Bruns
Es geht um den Familienzuschlag, den Lebenspartner, die im öffentlichen Dienst tätig sind, noch nicht erhalten. Den Familienzuschlag erhalten aber: "Beamte, Richter und Soldaten, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind (...). Dies gilt bei gesetzlicher oder sittlicher Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung nicht, wenn für den Unterhalt der aufgenommenen Person Mittel zur Verfügung stehen, die, bei einem Kind einschließlich des gewährten Kindergeldes und des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlags, das Sechsfache des Betrags der Stufe 1 übersteigen." (§ 40 Abs. 1 Nr. 4 Bundesbesoldungsgesetz). Die Tarifverträge für die im öffentlichen Dienst tätigen Arbeiter und Angestellte enthalten vergleichbare Regelungen.
Diese Voraussetzungen sind bei Lebenspartner gegeben, wenn beide zusammenwohnen und der eine den anderen unterhält, weil dieser kein oder nur ein geringfügiges Einkommen hat. Diese gesetzliche Vorschrift wollen die Bayern, die sonst immer für Recht und Ordnung sind, nicht respektieren und lehnen Anträge mit folgender windiger Begründung ab:
"...Eine andere Bewertung ergibt sich auch dann nicht, wenn man die Verfassungskonformität des LPartG unterstellt. Denn nach dem Tatbestand des § 40 Abs.1 Nr. 4 BBesG muss der Beamte die unterhaltsberechtigte Person in "seine" Wohnung aufgenommen haben. Daraus ergibt sich, dass die Wohnung dem aufnehmenden Beamten im Verhältnis zur aufgenommenen Person allein zuzurechnen sein muss. Es genügt nicht, wenn die Wohnung beiden Lebenspartnern in gleicher Weise zuzurechnen ist, weil sich dann in ihrem Verhältnis untereinander nicht sagen lässt, wer von beiden Lebenspartnern der Aufnehmende und wer der Aufgenommene ist. Für die Frage der Zurechnung ist dabei weniger auf die - oftmals zufallsbestimmte - rechtliche Zuordnung als Eigentümer/Mieter o.ä. abzustellen. Entscheidend ist vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, da entsprechend dem Normzweck des § 40 Abs. 1 Nr.4 BBesG eine wirtschaftliche Belastung aufgrund übergeordneter wirtschaftlicher Stellung des Aufnehmenden angenommen wird und die durch die Aufnahme entstehenden Aufwendungen für den erhöhten Wohnbedarf ausgeglichen werden sollen. Da beide Lebenspartner aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung der Lebenspartnerschaft eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bilden und beide zum gemeinsamen Lebensunterhalt in gleicher Weise beitragen müssen, ist die gemeinsame Wohnung im Verhältnis der Lebenspartner untereinander nicht einem Partner allein, sondern beiden Lebenspartnern gemeinsam und gleichwertig zuzuordnen. Im Verhältnis der Lebenspartner zueinander ist nicht einer der Unterhaltsverpflichtete und der andere der Empfänger, sondern beide tragen aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen zum gemeinsamen Unterhalt bei. Dies gilt auch dann, wenn zwar der eine Lebenspartner die Kosten der Wohnung alleine trägt, aber der andere, - sei es durch Haushaltsführung oder auf andere Weise - zur gemeinsamen Lebensführung entsprechend seiner diesbezüglichen Verpflichtung beiträgt. Die Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit der beiderseitigen Unterhaltsverpflichtungen schließt es aus, dass im Verhältnis der Lebenspartner untereinander der eine als der Aufnehmende, der andere als der Aufgenommene angesehen werden kann. Damit kommt nach und aufgrund einer Begründung einer Lebenspartnerschaft die Anwendung des § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG nicht in Betracht.
Im Übrigen bliebe stets die Frage zu überprüfen, ob dem Aufgenommenen nicht anderweitige Unterhaltsmittel gem. § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG zur Verfügung stehen."
Baden-Württemberg hat sich dieser Praxis angeschlossen und lehnt Anträge auf Zahlung eines Familienzuschlags mit derselben Begründung ab.
Ich rate allen Betroffenen dringend, solche Ablehnungen nicht hinzunehmen, sondern sich dagegen gerichtlich zu wehren. Die Rechtslage ist völlig eindeutig. Der Familienzuschlag muss gezahlt werden.
Der Vorgang zeigt, was wir zu erwarten haben, wenn die CDU/CSU und die FDP wieder an die Regierung kommen. Die CDU/CSU verkündet zwar jetzt im Wahlkampf, dass sie das Lebenspartnerschaftsgesetz "nicht aufheben oder in seiner Substanz verändern" werde. Aber wenn sie erst einmal an der Regierung ist, werden wir uns selbst die mageren Rechte, die uns das Lebenspartnerschaftsgesetz gewährt, vor Gericht erstreiten müssen.
Die FDP wird das nicht verhindern. Sie hat im Bundestag gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz gestimmt und ist auch jetzt trotz Nachfrage nicht bereit, sich festzulegen, ob sie für die volle Gleichstellung der Lebenspartner eintreten will. Während der 16-jährigen Kohl-Ära hat die FDP sämtliche Versprechungen immer wieder gebrochen, weil sie die Koalition mit der CDU/CSU nicht gefährden wollte. Die FDP ist nach den vier Oppositionsjahren jetzt so geil nach der "Macht", dass sie nach einem Wahlsieg niemals die Gefahr riskieren wird, wegen der Lesben und Schwulen wieder auf den Oppositionsbänken Platz nehmen zu müssen.
Typisch für die FDP ist, dass sie jetzt damit wirbt, sie habe bereits im Rahmen der Verfassungskommission nach der deutschen Einheit eine Ergänzung des Artikel sechs des Grundgesetzes dahingend vorgeschlagen, dass zusätzlich zum besonderen Schutz von Ehe und Familie der Staat auch die anderen auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaften achtet. Die FDP verschweigt wohlweislich, dass sie bei der Schlussabstimmung in der Verfassungskommission aus Rücksicht auf die CDU/CSU gegen ihren eigenen Vorschlag gestimmt hat.
Es wäre schön, wenn Ihr Stoiber ( www.stoiber.de ) schreiben und ihn fragen würdet, ob er die Praxis der bayerischen Behörden billigt.
Beste Grüße,
Manfred Bruns Treiberstrasse 31 70619 Stuttgart Tel. 0711 478 09 88 Fax. 0711 478 08 99 eMail: Manfred.Bruns@bigfoot.de
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