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Patientenverfügung, Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht

Teil 2

Betreuungsverfügung

Können Volljährige auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung ihre eigenen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen, so wird für sie durch das Vormundschaftsgericht eine BetreuerIn bestellt. Diese Bestellung erfolgt entweder auf Antrag der betroffenen Person selbst oder von Amts wegen. Die BetreuerInnen vertreten die Betreuten im Rahmen ihrer Aufgabe gerichtlich und außergerichtlich.

Das Betreuungsrecht ist (u.a.) in den §§ 1896 ff BGB geregelt. Hier wird bestimmt, wer Betreuungsperson sein darf, welche Aufgaben und Pflichten sie zu erfüllen hat, in welcher Form Rechenschaft abzulegen ist und wie, bzw. wofür sie vergütet wird.

Mit einer Betreuungsverfügung können Sie festlegen, welche Person im Ernstfall als BetreuerIn durch das Vormundschaftsgericht bestellt werden soll. Wenn die Angelegenheiten der Betreuten durch mehrere BetreuerInnen besser wahrgenommen werden können, ist auch die Bestellung mehrerer BetreuerInnen möglich. Sinnvoll ist es in jedem Fall auch Ersatzbetreuungspersonen zu benennen, denn die bestimmte Betreuungsperson kann selbst versterben, erkranken oder aus anderen persönlichen Gründen an der (Weiterführung) der Betreuung gehindert werden.
Natürlich können Sie auch festlegen, welche Person in keinem Fall als BetreuerIn eingesetzt werden soll.
Die Betreuungsverfügung selbst berechtigt nicht zum rechtsverbindlichen Handeln, sie ist lediglich Grundlage für die gerichtliche Entscheidung. Die Person, die in der Betreuungsverfügung genannt wird, ist erst nach der gerichtlichen Bestellung zur BetreuerIn befugt rechtlich aktiv zu werden.

Muster: Betreuungsverfügung

Ich ... (Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnort) ... bestimme hiermit, für den Fall, dass ich wegen einer geistigen, körperlichen oder seelischen Störung (teilweise) nicht mehr in der Lage bin, meine Angelegenheiten selbst zu regeln, Frau/ Herr...... (Name, Geburtsdatum, Wohnort) zu meiner Betreuerin/ meinem Betreuer bestellt werden soll.

Als ErsatzbetreuerIn benenne ich folgende Personen:

  1. Frau/ Herr ..... (Name, Geburtsdatum, Anschrift)
  2. Frau/ Herr ..... (Name, Geburtsdatum, Anschrift)

mögliche Ergänzungen:

Ich möchte im Pflegefall so lange wie möglich zu Hause versorgt werden.
Ich möchte gerne weiterhin regelmäßig Kontakt haben zu Frau/ Herrn ...
Mein in der anliegenden Patientenverfügung geäußerter Wille, ist konsequent zu beachten.

......................................................
(Datum, Unterschrift)

Über eine ganze Reihe von Entscheidungen dürfen BetreuerInnen aber nicht eigenständig entscheiden, sondern bedürfen ihrerseits der Zustimmung des Vormundschaftsgerichts, etwa für die Unterbringung in einem Pflegeheim oder das Anbringen von Bettgittern, das Fixieren mit Bauch- oder Armgurten (freiheitsentziehende Maßnahmen). Gleiches gilt für die Verabreichung von Medikamenten, die erhebliche Nebenwirkungen haben bzw. für die Durchführung oder Unterlassung von Operationen etc.

Eine BetreuerIn ist damit in ihren Entscheidungskompetenzen erheblich eingeschränkt. Das kann von Vor- aber auch von Nachteil sein. Was beispielsweise Fragen der medizinischen Behandlung angeht, wird das Vormundschaftsgericht sich häufig an die Empfehlungen der ÄrztInnen halten, der Einfluss der BetreuerInnen wird hier regelmäßig gering sein. Andererseits unterliegt eine BetreuerIn auch verstärkt staatlicher Kontrolle, handelt sie nicht im Interesse der Betreuten, so kann ihr die Betreuung entzogen werden.

Bestimmt man eine BetreuerIn und nicht eine Bevollmächtigte so begibt man sich in einen stärker gesetzlich reglementierten Bereich, „liefert" sich einerseits nicht so stark einer Person aus, andererseits „unterwirft" man sich starken institutionellen Mechanismen.

  • Welche Vorstellung Ihnen lieber oder unangenehmer ist, müssen Sie selbst entscheiden.

Auch die Betreuungsverfügung muss im Bedarfsfalle auffindbar sein, damit sie dem Vormundschaftsgericht zugeleitet werden kann.

Wenn Sie neben der Entscheidung über eine BetreuerIn auch über Behandlungsmethoden selbst bestimmen wollen, ist es ratsam, ergänzend zu der Betreuungsverfügung auch eine Patientenverfügung zu verfassen.

Vorsorgevollmacht

Werden nicht in erster Linie Behandlungsgrundsätze und Wünsche über Art- und Umfang der Behandlung festgelegt, sondern eine Person bestimmt, die im Ernstfall für die PatientIn entscheiden soll, welche ärztlichen Maßnahmen zu ergreifen und welche zu unterlassen oder abzubrechen sind, so liegt eine Bevollmächtigung vor. Umfasst die Vollmacht nicht nur medizinische Fragen sondern ermächtigt sie auch dazu, Verträge mit Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen zu schließen, sich um die Wohnung oder das Grundstück zu kümmern, versicherungsrechtliche Angelegenheiten zu klären und die sonstigen Angelegenheiten der VollmachtgeberInnen zu besorgen, liegt eine echte Vorsorgevollmacht vor.
Es handelt sich dabei um eine Generalvollmacht, wie sie oben vorgestellt wurde, die allerdings nur gilt, wenn die VollmachtgeberInnen die eigenen Angelegenheiten wegen Krankheit oder Bewusstseinsstörungen nicht mehr selbst erledigen können. Diese Beschränkung sollte auch deutlich in die Vollmacht hineingeschrieben werden. Wer sich besonders gut absichern möchte, kann zur Bedingung machen, dass die „Unselbstständigkeit" von zwei ÄrztInnen in Form eines Attestes festgestellt worden sein muss. Allerdings macht eine solche Klausel die Vollmacht gerade bei einer plötzlichen Krankheit oder einem Unfall schwerfällig, da es geraume Zeit dauern kann, bis die entsprechenden Atteste vorliegen.
Die Bevollmächtigung hat gem. § 1896 Absatz 2 BGB Vorrang vor der Betreuung, d.h. hat eine volljährige Person rechtzeitig eine andere Person bevollmächtigt, ihre Angelegenheiten wahrzunehmen, kommt es nicht zur Bestellung einer Betreuungsperson durch das Vormundschaftsgericht82, die BetreuerIn wird durch die Bevollmächtigte ersetzt. Wer also die Bestellung einer Betreuungsperson verhindern will, sollte eine Vorsorgevollmacht, die nicht nur eine Vertretung bei Rechtsgeschäften ermöglicht, sondern auch die Vertretung in persönlichen Angelegenheiten umfasst, aufsetzen.

Um einen Missbrauch der Vollmacht zu vermeiden oder auch um die Verantwortung auf mehrere zu verteilen, können mehrere Bevollmächtigte benannt werden, die sich gegenseitig zu überwachen haben. Ist nur eine Bevollmächtigte/ ein Bevollmächtigter eingesetzt, so kann gem. § 1896 Absatz 3 BGB auch eine KontrollbetreuerIn vom Vormundschaftsgericht benannt werden. Sie hat die Bevollmächtigte/n zu beaufsichtigen, ist aber nicht berechtigt, die Vollmacht zu entziehen. Da es möglich ist, eine Betreuungsperson selbst zu bestimmen, wird es ebenfalls möglich sein zu bestimmen, wer KontrollbetreuerIn gem.
§ 1896 Absatz 3 BGB sein soll.

Für den Fall des Wegfalls oder der Verhinderung der Bevollmächtigten ist es zulässig und sinnvoll, weitere Personen als Ersatzbevollmächtigte zu benennen.

Wie bereits oben ausgeführt83, sollte auch bei der Vorsorgevollmacht geregelt werden, ob eine Unterbevollmächtigung möglich sein soll, ob die Bevollmächtigten ihre Handlungsmöglichkeiten auf andere übertragen können und ob ein Insichgeschäft zulässig sein soll, d.h. ob die Bevollmächtigten für die VollmachtgeberIn mit sich selbst Verträge abschließen können sollen.

Voraussetzung für die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht ist allerdings, dass sie schriftlich erteilt wird. Darüber hinaus können Bevollmächtigte gem. § 1904 Absatz 2 und § 1906 Absatz 5 BGB nur dann wirksam in riskante ärztliche Maßnahmen oder in eine Unterbringung einwilligen, wenn die zugrunde liegende Vollmacht die in §§ 1904 bzw. 1906 BGB genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Damit wird die VollmachtsinhaberIn bezüglich riskanter medizinischer Eingriffe und freiheitsbeschränkender Maßnahmen den Betreuern gleichgestellt.

Es gibt Sonderfälle, in denen eine einfache schriftliche Vollmacht nicht genügt, sondern eine notarielle Beurkundung der Vollmacht zwingend erforderlich ist. Das ist etwa der Fall, wenn zu den zu regelnden Angelegenheiten auch der Erwerb oder die Veräußerung eines Grundstücks gehört, oder die Betreuung eines Betriebes, da bei einzelnen Handlungen nach dem Handelsgesetzbuch ein Identitätsnachweis gefordert wird.

  • Es empfiehlt sich daher eine Vorsorgevollmacht möglichst notariell beurkunden zu lassen.

Wird nicht von der Möglichkeit einer notariellen Beurkundung Gebrauch gemacht, empfiehlt sich auch hier, ein oder zwei ZeugInnen zu benennen, die bestätigen, dass die Vollmacht bei voller geistiger Klarheit und aus freien Stücken aufgesetzt wurde. Als ZeugInnen sollten möglichst nicht die Bevollmächtigten, die u.U. aus der Vollmacht Vorteile ziehen können, sondern neutrale Personen, wie die behandelnden ÄrztInnen herangezogen werden.
Nützlich kann es auch sein, wenn die Bevollmächtigten durch ihre Unterschrift zu erkennen geben, dass sie mit der Bevollmächtigung einverstanden sind. In jedem Falle sollten Sie mit den Personen, die Sie bevollmächtigen wollen, über diese Absicht sprechen und klären, ob sie bereit sind, die Verantwortung zu übernehmen.
Wichtig ist außerdem, dass auch bei Vorliegen einer Vorsorgevollmacht für Heilbehandlungen und ärztliche Eingriffe, die mit der Gefahr des Todes oder eines schweren länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sind und für eine Unterbringung, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. Die Genehmigung ist nur entbehrlich, wenn ein gefahrloser Aufschub der Maßnahme nicht möglich ist. Bei einer Unterbringung, muss die Genehmigung nachgeholt werden84.

Soll die Vorsorgevollmacht eine Patientenverfügung vollständig ersetzen und nicht bloß ergänzen, sollten zusätzlich folgende Punkte enthalten sein:

  • Welche Personen sind über den Krankheitsfall zu unterrichten?
  • Ob die ÄrztInnen diesen Personen gegenüber von der Schweigepflicht entbunden werden?
  • Wer in keinem Fall benachrichtigt werden soll oder wer kein Besuchsrecht erhalten soll.
  • Wer über eventuell erforderliche Heimunterbringung entscheiden soll etc.

Eine Vorsorgevollmacht kann, wie jede andere Vollmacht auch, jederzeit widerrufen werden.

Muster: Vorsorgevollmacht
Achtung: notarielle Beurkundung empfohlen, teilweise sogar zwingend erforderlich!

Hiermit erteile ich, ... (Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnort) ohne Zwang und aus freiem Willen für den Fall, dass ich infolge schwerer körperlicher oder psychischer Erkrankung in meiner Entscheidungsfähigkeit zeitweise oder dauerhaft eingeschränkt bin, so dass ich meine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann oder will, folgende Vollmacht an

  1. Frau/ Herrn ... (Name, Geburtsdatum, Wohnort),
  2. Frau/ Herrn ...
  3. Frau/ Herrn ...

A.

(sofern das Vermögen auch Grundstücke umfasst oder ein Betrieb im Sinne des Handelsrechts zu betreuen ist, ist eine notarielle Beurkundung erforderlich)

Die unter Nr.1 (bis ...) genannte/n Person/en ist/sind befugt, mich in allen persönlichen wie sonstigen Angelegenheiten, wie z.B. in Vermögens-, Steuer-, Renten-, Versicherungs-, Sozial- und Rechtsangelegenheiten, soweit dies gesetzlich zulässig ist, zu vertreten, gerichtlich wie außergerichtlich. Behörden, Gerichte, Versicherungen, Banken und sonstige betroffene Institutionen werden gegenüber der/den Bevollmächtigten von der Schweigepflicht entbunden.

B.

Diese Vollmacht berechtigt auch zu meiner Vertretung in Fragen medizinischer Versorgung und Betreuung. Sie umfasst insbesondere die Einwilligung zu Untersuchungen des Gesundheitszustandes und medizinischen Heilbehandlungen (z.B. operative Eingriffe, Medikamentierung, Therapieformen), auch wenn die begründete Gefahr besteht, dass ich auf Grund des Eingriffs sterbe oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleide (§ 1904II BGB). Die Vollmacht umfasst auch die Entscheidung über den Abbruch medizinischer Behandlung, sowie über die notwendige Unterbringung in einem Krankenhaus, Alters- oder Pflegeheim oder einer psychiatrischen Einrichtung, selbst wenn dies mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist (§ 1906 V BGB). Die Vollmacht umfasst auch die Befugnis über unterbringungsähnliche Maßnahmen, wie dem Anbringen von Bettgittern, Bauchgurten oder der medikamentösen Ruhigstellung zu entscheiden.
Die Unterbringung kann insbesondere erforderlich werden, falls auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Gefahr besteht, dass ich mich selbst töte oder mir erheblichen gesundheitlichen Schaden zufüge oder eine Untersuchung meines Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Heileingriff notwendig ist, die ohne meine Unterbringung nicht möglich sind und deren Notwendigkeit ich auf Grund der Erkrankung nicht erkenne oder nicht nach dieser Erkenntnis handeln kann.

Die behandelnden ÄrztInnen und Pflegekräfte werden gegenüber den Bevollmächtigten von ihrer Schweigepflicht entbunden und angewiesen, ihnen jederzeit Auskunft über meinen Gesundheitszustand zu geben.

Sollte ich behandlungs- und/ oder pflegebedürftig sein und keine eigenen Entscheidungen mehr treffen können, soll die ambulante Versorgung vor der stationären Aufnahme Vorrang haben. Dies bedeutet, dass alle ambulanten Hilfsmöglichkeiten auszuschöpfen sind.

C.

(entbehrlich, wenn zusätzlich eine Patientenverfügung existiert)

Im Falle irreversibler Bewusstlosigkeit oder Bewusstseinsstörung, wahrscheinlich schwerer Dauerschädigung des Gehirns, dauernden Ausfalls lebenswichtiger Funktionen meines Körpers oder bei ungünstiger Prognose hinsichtlich der Erkrankung bin ich mit Intensivtherapie und Reanimation (nicht) einverstanden.
Sofern durch ärztliche Maßnahmen nicht mehr erreicht werden kann, als eine Verlängerung des Sterbevorgangs oder des Leidens oder feststeht, dass ich nicht mehr in der Lage sein werde, ein menschenwürdiges Dasein zu führen, sollen alle Therapien oder lebensverlängernden Maßnahmen eingestellt werden.
Ich wünsche eine ausreichende Versorgung mit Schmerzmitteln, auch wenn hierdurch der Tod beschleunigt wird.

Mit einer Sektion und der Entnahme von Organen bin ich (nicht) einverstanden.

Den Bevollmächtigten soll die Totensorge (Beerdigung und Gestaltung des Grabes) obliegen.

D.

Sollten Teile der Vollmacht unwirksam sein, so soll dies nichts an der Wirksamkeit der restlichen Teile ändern.

Die Vollmacht und das ihr zugrundeliegende Auftragsverhältnis bleiben in Kraft, wenn ich nicht mehr lebe.

Diese Vollmacht soll eine Betreuung nach dem Betreuungsrecht (§§ 1896 BGB) ausschließen.

Mögliche Ergänzungen:

Von der Vollmacht darf nur Gebrauch gemacht werden, wenn der/ die Bevollmächtigte das Original dieser Vollmacht vorlegen kann und ein ärztliches Attest bestätigt, dass ich einwilligungs- und entscheidungsunfähig bin.

Sollte Frau/Herr... als Bevollmächtigte/r dauernd wegfallen oder (vorübergehend) verhindert sein, bevollmächtige ich ersatzweise Frau/ Herrn .... (Name, Geburtsdatum, Anschrift).

Der/ den Bevollmächtigten ist gestattet, bei meiner Vertretung zugleich in Vertretung eines Dritten und / oder im eigenen Namen zu handeln (Insichgeschäft).

Der/ den Bevollmächtigten ist gestattet, Untervollmacht zu erteilen.

.........................................
(Datum, Unterschrift)

Empfohlen:

Hiermit bestätige ich...... (Name und Geburtsdatum der/des Bevollmächtigten), dass ich mit der Bevollmächtigung einverstanden bin.

.........................................
(Datum, Unterschrift Bevollmächtigte/r)

Für PatientInnen mit Psychiatrieerfahrung kann es notwendig sein, noch weiter gehende Vorsorge zu treffen, etwa sich psychiatrische Einrichtungen auszusuchen, bei denen sie sich vorstellen können im Ernstfall behandelt zu werden und mit denen sie möglicherweise bereits Behandlungsverträge abschließen. In den Verträgen können Absprachen über Therapieformen und Medikamentierungen getroffen werden85.

Auskunftsansprüche im Krankheits- oder Unglücksfall

In einem – häufig unvorhergesehenen – Krankheitsfall, stellt sich plötzlich die Frage, wer berechtigt ist Auskünfte und Informationen über den Gesundheitszustand der PatientInnen zu erhalten oder wem ein Besuchsrecht zusteht.
Grundsätzlich gilt auch hier das Selbstbestimmungsrecht der PatientInnen uneingeschränkt. Außerdem fallen Patientendaten unter den gesetzlichen Datenschutz. Es dürfen nur dann Auskünfte an dritte Personen, d.h. an andere als die PatientInnen oder die mit der Behandlung betrauten Personen, erteilt werden, wenn dies von den PatientInnen gestattet wird. Entsprechendes gilt für das Besuchsrecht. Niemandem steht automatisch ein Auskunfts- oder Besuchsrecht zu, auch nicht Eltern oder Ehegatten.

Aber: Es kann gesetzliche Bestimmungen geben, die diese Regel wieder einschränken. So enthalten häufig Landeskrankenhausgesetze Bestimmungen zu Fragen der Datenübermittlung und -weitergabe. Das Hamburgische Landeskrankenhausgesetz regelt z.B. in
§ 11 Absatz 1 Nummer 6, dass die Unterrichtung von Angehörigen und Seelsorgern grundsätzlich zulässig ist, sofern nicht ein entgegenstehender Wille der PatientInnen kundgetan wurde. Eine solche Konstellation nennt man gesetzliche Vermutung. Es wird also die Einwilligung in die Unterrichtung von Angehörigen und Seelsorgern durch das Gesetz unterstellt. Sollen bestimmte Angehörige oder ein Seelsorger nicht unterrichtet werden dürfen, muss dies ausdrücklich von den PatientInnen geäußert werden. Natürlich kann auch positiv bestimmt werden, wer im Ernstfall unterrichtet werden soll.

Probleme tauchen immer dann auf, wenn die PatientInnen nicht bei Bewusstsein sind, sich also nicht äußern können, wer zu benachrichtigen und zu unterrichten ist, bzw. wem in keinem Fall Auskunft zu geben ist oder wer (nicht) im Krankenhaus erscheinen soll.

Diese Probleme lassen sich leicht beseitigen, indem rechtzeitig ein kurzes Schreiben aufgesetzt wird, wer im Unglücksfalle zu benachrichtigen ist und dass die ÄrztInnen (Polizei, Feuerwehr...) diesen Personen gegenüber von ihrer Schweigepflicht entbunden sind. Ein solches Schriftstück muss dann aber immer mitgeführt werden, am geeignetsten erscheint hierfür das Portemonnaie. Sinnvollerweise erhalten die in dem Schreiben genannten Personen von dem Schreiben eine Kopie, damit sie ihre Berechtigung selbstständig nachweisen können.

Jedes Exemplar sollte eine Originalunterschrift und Datum tragen, andernfalls kann angezweifelt werden, ob es echt ist. Darüber hinaus müssen diese regelmäßig aktualisiert werden, stimmen die Personen noch, die Namen (Ehe oder sonstige Namensänderung), die Adressen und vor allem die Telefonnummern. Sind sowohl private wie dienstliche Telefonnummern angegeben, damit eine Unterrichtung jederzeit möglich ist?

Muster: Einräumung eines Auskunfts- (und Besuchs)rechts

Im Krankheits- oder Unglücksfalle möchte ich, dass nachfolgende Personen umgehend unterrichtet werden:

  1. Frau/ Herr ... (Name, Anschrift, aktuelle Telefonnummern)
  2. Frau/ Herr ...

Ich entbinde Polizei, ÄrztInnen, Pflegepersonal oder Feuerwehr diesbezüglich von Ihrer Schweigepflicht.

Mögliche Ergänzung:

Oben genannten Personen dürfen mich auch jederzeit im Krankenhaus, auch auf der Intensivstation, im Pflegeheim oder einer sonstigen Einrichtung (z.B. Psychiatrie) besuchen.

Weitere mögliche Ergänzung:

Dagegen ist folgenden Personen in keinem Fall Auskunft zu erteilen, sie sind auch nicht zu einem Besuch berechtigt:

  1. Frau/ Herr ... (Anschrift, Geburtsdatum, ggf. Geburtsort)
  2. Frau/ Herr ...
  • Achtung: Allein die Einräumung eines Auskunfts- oder Besuchsrechts führt nicht zu einem Mitspracherecht bei Fragen der Behandlung. Wer sicherstellen möchte, dass die PartnerIn oder FreundIn bei Fragen der Behandlung oder Unterbringung verbindliche Auskünfte geben kann, muss eine auf sie lautende Vorsorgevollmacht ausstellen.

  1. Vgl. Georg Dodegge „Das Betreuungsrechtsänderungsgesetz“ in NJW 1998,3073 (3077) und die Muster Vorsorgevollmacht der Hamburger Landesbetreuungstelle vom 25.08.98.
  2. Vgl. den Abschnitt „Vollmachten allgemein“.
  3. Vgl. § 1904 II i.V.m. § 1904 I BGB und § 1906 V i.V.m. § 1906 I-IV BGB und Dodegge aaO.. Diese Regelung ist erst mit dem neuen Betreuungsrecht ins BGB aufgenommen worden, d.h. seit dem 1.1.99. In älteren Ratgebern und Aufsätzen wird dieser Hinweis häufig noch fehlen.
  4. Vgl. zum Thema Behandlungsvertrag Niels Pörksen, Angelika Dietz (Verein Psychiatrie-Erfahrener Bielefeld) „Vom Psychiatrischen Testament zum Behandlungsvertrag“ in Th. Bock/ J.E. Deranders/ . I. Esterer „Im Strom der Ideen. Stimmenreiche Mitteilungen über den Wahnsinn“ Psychiatrie-Verlag.

URL: http://www.lsvd.de/recht/hamburg/patient02.html
Letztes Update: 25. November 1999
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