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Gewalt gegen Schwule und Lesben
(Seminar-Dokumentation)

Teil 5: Workshop Lesbische Anti-Gewalt-Arbeit

Ein besonderer Schwerpunkt bildete die Weiterentwicklung der lesbischen Anti-Gewalt-Arbeit. Susanne Indorf vom LSVD wies in einem Kurzreferat auf eine Untersuchung hin, wonach 78 Prozent der lesbischen Frauen bereits lesbenfeindliche Gewalt erlebt haben, wobei diese Zahl physische und psychische Gewalt umfaßt. US-amerikanische Studien kommen zu dem Ergebnis, dass zwischen 50 und 60 Prozent der Lesben von lebensfeindlicher Gewalt betroffen sind. Andere Zahlen besagen, dass jede zehnte Lesbe körperliche Gewalt erfährt. Ursache der unterschiedlichen Zahlen ist nicht zuletzt die zu Grunde liegende Gewaltdefinition. Doch von welchem Gewaltbegriff auch ausgegangen wird - es scheint, als ob lebensfeindliche Gewalt nun endliche öffentlich thematisiert wird.

Bei der anschließenden Diskussion um Möglichkeiten und Formen der Zusammenarbeit von Lesben und Schwulen auf dem Gebiet der Anti-Gewalt-Arbeit wurde auf die großen Unterschiede zwischen schwulenfeindlicher und lebensfeindlicher Gewalt hingewiesen. Angriffe auf Lesben finden vor allem im öffentlichen Raum, dort aber nicht an spezifischen Orten statt, während Angriffe auf Schwule sich an Orten wie z. B. Klappen, Treffpunkten in Parks oder vor schwulen Lokalitäten häufen.

Gewalt gegen Lesben geht seltener mit dem Gebrauch von Waffen einher, Lesben werden sowohl von Einzeltätern als auch von Gruppen angegriffen (Schwule hingegen fast immer von Gruppen und selten von Einzeltätern).

Deswegen muß Gewaltprävention an einem anderen Punkt ansetzen als bei schwulenfeindlicher Gewalt. Zudem unterscheidet sich die Sozialisation einer Lesbe von der eines schwulen Mannes - Lesben gehen vor diesem Hintergrund anders mit Gewalterfahrungen um und stellen andere Anforderungen an entsprechende Anlauf- und Beratungsstellen.

Ähnlich sind die Folgen von Gewalterfahrungen bei Schwulen und Lesben - so unter anderem das Hinterfragen der Identität, Konflikte in der Beziehung oder gesundheitliche Probleme. Häufiger als bei schwulen Männern ist eine weitere mögliche Reaktion, die lesbische Lebensweise zukünftig zu verstecken. Mehr noch als schwule Männer gestalten lesbische Frauen ihr alltägliches Leben allein deshalb anders, weil sie wissen, dass sie von Gewalt bedroht sind.

Am Ende der Diskussionsrunde wurde darüber reflektiert, wie eine adäquate lesbische Anti-Gewalt-Arbeit aussehen könnte. Einig waren sich die Teilnehmerinnen, daß bestehende Selbsthilfestrukturen gefördert werden sollten. Staatliche Anlaufstellen, beispielsweise die Polizei, sollten sensibilisiert werden, in Schulen muss verstärkt Aufklärungsarbeit geleistet werden. Unter Lesben wird verstärkt auch die Aufnahme eines Antidiskriminierungsgebotes ins Grundgesetz diskutiert.

Inwieweit Lesben und Schwule im Anti-Gewalt-Bereich zukünftig zusammenarbeiten können, wird sich unter anderem im Verlauf der Weiterentwicklung des lesbisch-schwulen Projektes in NRW noch zeigen. Dahingehende Diskussionsansätze gibt es inzwischen auch in einigen weiteren Projekten. Andererseits machte die Diskussion aber auch die Grenzen einer solchen Zusammenarbeit deutlich!


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URL: http://www.lsvd.de/recht/gewalt05.html
Letztes Update: 31. Dezember 2000
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