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17. April 2003 LSVD: Unsere bisherigen Gespräche mit den BundesministerienHallo! Wir haben inzwischen auf der Fachebene mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit über den arbeitsrechtlichen Teil des geplanten arbeitsrechtlichen Antidiskriminierungsgesetzes gesprochen. Das Gespräch ist sehr positiv verlaufen. Das Ministerium teilt, soweit es seine Zuständigkeit betrifft, unsere Vorstellungen (siehe dazu unser Papier: Eckpunkte zur Umsetzung der Richtlinien 200/43/EG und 200/78/EG - http://www.lsvd.de/antidiskriminierung/richtlinien.html). Mit dem Ministerium für Gesundheit und soziale Sicherheit haben wir auf der Fachebene ein Gespräch über die Einbeziehung der Lebenspartner in die Hinterbliebenenrenten geführt. Dies kann ohne Zustimmung des Bundesrats verwirklicht werden. Der Referatsleiter, mit dem wir gesprochen haben, meinte, es sei das Ziel der Bundesregierung, die Hinterbliebenenrenten abzubauen. Deshalb wolle man den Kreis der Berechtigten nicht erweitern. Wir haben erwidert, dass wir gegen dieses Ziel der Bundesregierung nichts einzuwenden hätten, aber darauf bestünden, dass überlebende Lebenspartner unter denselben Bedingungen wie Ehegatten eine Hinterbliebenenrente erhalten, solange es die Hinterbliebenenrenten gibt, und dass uns dies auch so von beiden Koalitionsparteien versprochen worden sei. Das Gespräch war sehr ausführlich und wir hatten den Eindruck, dass unsere Argumente den Referatsleiter beeindruckt haben. Ob das etwas nützt, muss man abwarten. Mit dem beim arbeitsrechtlichen Antidiskriminierungsgesetz federführenden Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben wir noch kein Gespräch führen können. Das Ministerium hat die Federführung erst am 17.03.2003 übernommen. Wir bemühen uns deshalb weiter um einen baldigen Gesprächstermin - zumindest auf der Fachebene. Am 16. April hat das Gespräch mit Bundesjustizministerin Zypries stattgefunden. An dem Gespräch haben außer dem LSVD auch VertrerInnen der "Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ)", der "Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule und Lesbische Paare (SLP)" und des "Bundesverbands der Eltern, Freunde und Angehörigen von Homosexuellen (BEFAH)" teilgenommen. Die Unterredung ist insgesamt sehr enttäuschend verlaufen. Zum zivilrechtlichen Antidiskriminierungsgesetz hat Frau Zypries ihre Bedenken bekräftigt, über die Merkmale "Rasse" und "ethnische Herkunft" hinaus weitere Diskriminierungsgründe in den Entwurf des Gesetzes aufzunehmen. Zur Begründung verwies sie auf die grundgesetzlich gewährleistete Privatautonomie (diese beinhaltet z.B. die Berechtigung, einen Vertragspartner nach Belieben auszuwählen), die nicht ohne Weiteres eingeschränkt werden könne. Sie gab aber zu erkennen, dass es über diese Frage in der Koalition Meinungsverschiedenheiten gibt und die Grünen wie auch Teile der SPD eine andere Position vertreten. Wir haben auf Nachfrage ausführlich erläutert, wo Lesben und Schwule im Alltag noch immer diskriminiert werden und in diesem Zusammenhang vor allem den Bereich Lebensversicherungen angesprochen. Frau Zypries meinte daraufhin, sie halte es für wirkungsvoller, dass das Justizministerium mit den Versicherungen Gespräche führe und die Versicherungen auf diese Weise veranlasse, ihre diskriminierende Praxis einzustellen. Wir haben mit Nachdruck darauf verwiesen, dass uns beide Koalitionsparteien im Wahlkampf 1998 und 2002 "gleiche" Rechte versprochen haben und dass diese Versprechungen aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts nun unbedenklich eingelöst werden können. Außerdem haben wir betont, dass die Nichtaufnahme der "sexuellen Identität" in das geplante Antidiskriminierungsgesetz ein negatives Signal sei, das geradezu dazu ermuntere, die jetzige diskriminierende Praxis fortzusetzen. Der Hinweis, dass das Gesetz wegen der Einschränkung der Privatautonomie vom Bundesverfassungsgericht gekippt werden könne, sei ein Scheinargument, da ja im Gesetzentwurf Öffnungsklauseln (= Ausnahmeregelungen) vorgesehen seien. Wenn diese sachgemäß formuliert würden, gebe es gegen die Aufnahme der sexuellen Identität in das geplante zivilrechtliche Antidiskriminierungsgesetz keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zudem ist das Gesetz nicht zustimmungsbedürftig, kann also ohne Zustimmung des Bundesrats verwirklicht werden. Zu der von den Koalition vereinbarten Änderung (Überarbeitung) des Lebenspartnerschaftsgesetzes meinte Frau Zypries, dass die Praxis und die Betroffenen das Gesetz akzeptiert hätten und dass man erst einmal abwarten solle, wie sich das Gesetz in der Praxis bewähre. Dem haben wir vehement widersprochen und auf Unklarheiten und Lücken im Lebenspartnerschaftsgesetz verwiesen. Außerdem haben wir betont, dass das Gesetz die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften noch nicht beendet, sondern aus Angst vor dem Bundesverfassungsgericht weiterhin Ungleichbehandlungen enthält. Da diese Angst sich als unbegründet erwiesen und das Bundesverfassungsgericht die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit Ehen gebilligt hat, erwarteten wir, dass die Koalition ihre Wahlversprechen einlöse. Das könne nach unserer Auffassung nur dadurch geschehen, dass die Einzelregelungen des Lebenspartnerschaftsgesetzes durch eine Generalklausel ersetzt werden, die besagt, dass auf die Lebenspartnerschaft die Rechtsvorschriften des Bundes für die Bürgerliche Ehe auf dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts entsprechend anzuwenden sind. Nur dies beende die Diskriminierung wirklich (siehe dazu unseren Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des LPartG http://www.lsvd.de/lpartg/lpartgaendgentw.html). Zum Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz (siehe dazu unseren Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des LPartG http://www.lsvd.de/lpartg/lpartgerggentw.html) hat sich Frau Zypries kaum geäußert. Sie verwies darauf, dass für die verschiedenen Komplexe andere Ministerien zuständig seien. Sie selbst will offenbar nicht initiativ werden, obwohl die Federführung beim Bundesjustizministerium liegt, sondern abwarten, was von den anderen Ministerien an sie herangetragen wird. Frau Zypries hat auch nicht zu erkennen geben, welche Zeitrahmen sie sich für die Einbringung der verschiedenen Gesetzentwürfe gesetzt hat. Wir stehen damit wieder vor derselben Situation wie in der letzten Legislaturperiode. Wenn wir der Bundesjustizministerin nicht genügend Druck machen, wird gar nichts geschehen. In der letzten Wahlperiode wurde der Gesetzentwurf zur Lebenspartnerschaft schließlich nicht von der Bundesregierung, sondern von den Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die GRÜNEN in den Bundestag eingebracht. Falls die Bundesjustizministerin untätig bleibt, sind deshalb nun wieder die Fraktionen aufgefordert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Wir haben deshalb auch den zuständigen Abgeordneten in den Regierungsfraktionen unsere Vorstellungen übersandt und um Gespräche gebeten. Zudem bemühen wir uns weiterhin um Gespräche mit den anderen beteiligten Ministerien, insbesondere dem Innenministerium (vor allem wegen der Gleichstellung der Lebenspartner in der Besoldung), dem Finanzministerium (vor allem wegen der Einkommensteuer und Erbschaftsteuer) und dem Verteidigungsministerium (Soldatenversorgung). Außerdem haben wir alle Landesjustizminister angeschrieben und um die Möglichkeit gebeten, ihnen unsere Vorstellungen vortragen zu dürfen. Ferner beabsichtigen wir, nach Ostern die Öffentlichkeit über unsere Vorstellungen und die enttäuschende Haltung der Bundesjustizministerin zu informieren. Beste Grüße und - trotz allem! - schöne Feiertage Manfred Bruns
http://www.lsvd.de/
Mehr denn je, aktiv im LSVD!
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