1. Gleichstellung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften vollenden
Das am 1. August 2001 in Kraft getretene Lebenspartnerschaftsgesetz bedeutet
einen großen Sprung nach vorne für die Bürgerrechte von Lesben und Schwulen.
Gleiche Rechte bringt es aber noch nicht. Unser Ziel ist die volle
Gleichstellung. Es gibt keine sachliche Begründung, warum schwule und lesbische
Lebensgemeinschaften anders behandelt werden sollten als heterosexuelle. Wir
wollen gleiche Rechte auf dem Standesamt. Dazu gehört beispielsweise die
Anerkennung im Steuerrecht, im Beamtenrecht und bei der
Hinterbliebenenversorgung.
Sind Sie bereit, sich für die vollständige Gleichberechtigung
gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften einzusetzen? Sind Sie bereit, sich
im Bundestag und gegenüber dem Bundesrat für die Verabschiedung der im
Ergänzungsgesetz zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammengefassten
Regelungen einzusetzen? Sind Sie bereit, auch die weiteren zur Gleichstellung
noch nötigen Regelungen voranzutreiben, wie beispielsweise die Anerkennung in
der Hinterbliebenenversorgung?
2. Gleichgeschlechtliche Familien anerkennen
Viele Lesben und Schwule leben mit Kindern, tragen Verantwortung für deren
Erziehung und Wohlergehen. Lesbische oder schwule Paare mit Kindern haben ein
Recht auf volle Anerkennung als Familie. Die Benachteiligung lesbischer und
schwuler Familien muss beendet werden. Sie müssen steuer-, sozial- und
namensrechtlich gleichgestellt werden.
Es gibt keinen sachlichen Grund, Menschen allein wegen ihrer Homosexualität
vom Adoptionsrecht auszuschließen. Unter den gleichen Voraussetzungen wie für
Ehepaare muss auch für Eingetragene Lebenspartnerschaften die sogenannte
"Stiefkindadoption" ermöglicht werden. Das gleiche gilt für das gemeinsame
Adoptionsrecht sowie für das gemeinsame Sorgerecht.
Für Frauen gibt es bislang in Deutschland außerhalb der Ehe keinen freien
Zugang zu Samenbanken. Das ist diskriminierend. Das Recht auf Familiengründung
muss für alle gelten.
Sind Sie bereit, sich für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Familien
einzusetzen und deren Gleichstellung im Steuer-, Sozial- und Namensrecht sowie
beim Sorge- und Adoptionsrecht voranzutreiben? Unterstützen Sie die freie
Möglichkeit zur Familiengründung? Sind Sie bereit, sich dafür einzusetzen, dass
in Deutschland – wie es in anderen Ländern bereits üblich ist – die Samenbanken
auch für lesbische Paare und unverheiratete Frauen zugänglich sind?
3. Schutz vor Diskriminierung verstärken
Trotz großer gesellschaftlicher Liberalisierung kommt es im Alltag immer
wieder zu Anfeindungen und Benachteiligungen. Besonders schwer wiegen
Diskriminierungen im Arbeitsleben. Die bereits bestehenden
Gleichbehandlungsklauseln im Arbeitsrecht sowie im Beamten- und Soldatenrecht
müssen um das Merkmal der "sexuellen Identität" ergänzt werden. Die
EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf muss zügig und
umfassend in nationales Recht umgesetzt werden. Dazu zählt auch die Einführung
eines Verbandsklagerechts. Eine umfassende Antidiskriminierungsgesetzgebung muss
zudem ausdrücklich festschreiben, dass die Träger öffentlicher Gewalt niemanden
aufgrund der „sexuellen Identität" als Lesbe oder Schwuler benachteiligen
dürfen. Es muss zudem sichergestellt werden, dass die
Antidiskriminierungsgesetzgebung auch Transgender einschließt.
Sind Sie bereit, sich für eine Antidiskriminierungsgesetzgebung einzusetzen,
die Benachteiligungen in der Arbeitswelt angeht und die Träger der öffentlichen
Gewalt zur Gleichbehandlung verpflichtet?
4. Umfassende Reform des "Transsexuellengesetzes" angehen
Das 1981 in Kraft getretene Transsexuellengesetz entspricht nicht mehr dem
heutigen Kenntnisstand. Es enthält zahlreiche Regelungen, die sich sehr
restriktiv ausgewirkt haben und teilweise mit der Würde des Menschen unvereinbar
sind. Transgender müssen das Recht haben, ihre Lebensweise selbst zu bestimmen –
bei der Ausgestaltung ihrer Geschlechtsidentität wie auch bei ihrer Partnerwahl.
So ist beispielsweise eine Liberalisierung der Zugangsvoraussetzungen für
Vornamens- und Personenstandsänderung erforderlich. Auch die faktischen Ehe-
bzw. Partnerschaftsverbote für Menschen, die ihren Vornamen geändert haben,
müssen aufgehoben werden. In diesem Sinne ist eine umfassende Reform des
Transsexuellengesetzes nötig, damit es seinen Zweck erfüllen kann, das Leben der
Transgender rechtlich, psychisch und sozial zu erleichtern.
Sind Sie bereit, sich für eine umfassende Reform des Transsexuellengesetzes
einzusetzen, damit Transgender das Recht bekommen, ihre Lebensweise selbst zu
bestimmen?
5. Ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
errichten, die Erinnerungsarbeit fördern
Bislang wurden die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus in der
Gedenkkultur zumeist übergangen. Für Menschen, die wegen ihrer Homosexualität
vom NS-Staat verfolgt wurden, gibt es bislang keinen Gedenkort von nationaler
Bedeutung. Es wird Zeit, dass sich dies ändert. Der LSVD setzt sich dafür ein,
dass das Gedenken an die verfolgten Homosexuellen in der Bundeshauptstadt Berlin
eine angemessene Form findet. Ein solches Denkmal soll ein beständiges Zeichen
setzen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung gegenüber Lesben und
Schwulen. Den Standort wünschen wir uns in Berlin-Mitte (Tiergarten), in der
Nähe des Reichstages, gegenüber dem entstehenden Denkmal für die ermordeten
Juden Europas sowie in Nachbarschaft zum geplanten Mahnmal für Sinti und Roma.
Für die Zerschlagung und Enteignung der schwulen und lesbischen
Bürgerrechtsbewegung der Weimarer Republik hat es nie eine Entschädigung
gegeben. Wir fordern als kollektiven Ausgleich eines Bundesstiftung, die
international den Einsatz für die Menschenrechte von Lesben und Schwulen
fördern, sowie die historische Erinnerungsarbeit und die Durchsetzung der
Bürgerrechte von Schwulen und Lesben unterstützen soll.
Sind sie bereit, sich im Bundestag für einen Beschluss zur Errichtung eines
Denkmals für die verfolgten Homosexuellen in der Bundeshauptstadt Berlin
einzusetzen? Sind Sie bereit, sich zudem für die Errichtung einer Stiftung zur
Menschenrechts-, Bürgerrechts- und Erinnerungsarbeit einzusetzen?
6. Rechtsextremismus und Hassverbrechen entgegentreten
Menschen in Deutschland müssen befürchten, aufgrund ihrer ethnischen
Herkunft, aufgrund einer Behinderung oder aufgrund ihrer sexuellen oder
geschlechtlichen Identität angegriffen zu werden. Die Existenz sogenannter
"national befreiter Zonen" ist für eine demokratische Gesellschaft ein
unerträglicher Zustand. Auch für Schwule, Lesben und Transgender gibt es
No-go-areas: Orte, in denen sie es tunlichst vermeiden, als solche erkannt zu
werden, weil ihnen sonst Gefahr droht. Staatliche Programme zur Bekämpfung
rechtsextremer und minderheitenfeindlicher Gewalt müssen gewährleisten, dass
alle Gruppen, gegen die sich Hassverbrechen richten, einbezogen und angemessen
berücksichtigt werden. Das gilt auch für Maßnahmen zur Opferhilfe.
Sind Sie bereit, gegen rechtsextreme und minderheitenfeindliche Gewalt
einzutreten und sich dafür einzusetzen, dass die Situation von Schwulen, Lesben
und Transgendern bei den staatlichen Programmen zur Gewaltprävention und zur
Opferhilfe angemessen berücksichtigt wird?
Für den 4. April luden wir in Berlin zu einer Pressekonferenz ein, um die
LSVD Wahlprüfsteine der Öffentlichkeit vorzustellen. Die Medien haben
ausführlich berichtet (siehe
Presseauswahl). Wir wollen uns im Wahljahr aktiv einmischen. Der Ausgang der
Bundestagswahl entscheidet auch darüber, ob es weitere Fortschritte in der
Gleichstellungspolitik geben wird, oder ob es zu Stillstand oder gar Rückschritt
kommt.
Die von der Mitgliederversammlung des LSVD beschlossenen politischen
Forderungen an die Parteien im Wahljahr haben wir frühzeitig an die
Generalsekretäre aller im Bundestag vertretenen Parteien verschickt mit der
Bitte, sie an die Programmkommissionen weiterzuleiten. Alle Parteien haben also
die gleichen Chancen, unsere Forderungen zu beraten und in ihre Wahlprogramme
aufzunehmen.
Zur Jahresmitte werden wir unsere Forderungen, dann versehen mit den Fragen,
die die Wahlprüfsteine bilden, nochmals an die Parteien versenden. Die Antworten
werden wir auswerten und publizieren, und daraus eine Wahlempfehlung
formulieren. Wir werden dazu aufrufen, nur den Parteien eine Stimme zu geben,
die eine lesben- und schwulenfreundliche Politik verfolgen.
Unseren Forderungen haben sich auch weitere bundesweite Verbände
angeschlossen, wie der Bundesverband der Eltern, Freunde und Angehörigen von
Homosexuellen (BEFAH), die Bundesarbeitsgemeinschaft schwuler und lesbischer
Paare (SLP), die Ökumenische Arbeitsgemeinschaft Homosexualität und Kirche (HuK)
sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwuler Juristen (BASJ).
Zurück zur Gliederung
| weiter |
|